Führerhauptquartier, den 29. 5. 42

 

Der Führer

OKW/WFSt/Op. Nr. 55896/42

g. K. Chefs.

 

Geheime Kommandosache

Chefsache!

Nur durch Offizier!


6 Ausfertigungen

3. Ausfertigung


 

Weisung Nr. 42 für die Kriegführung

Richtlinien für die Operationen gegen Restfrankreich bezw.

die Iberische Halbinsel (Bisher »Attila« bezw. »Isabella«)

I.) Die Entwicklung der Lage im unbesetzten Frankreich oder in den französischen Besitzungen in Nordafrika kann es auch in Zukunft erforderlich machen, das gesamte französische Gebiet zu besetzen.

Ebenso muß mit dem Versuch eines feindlichen Zugriffs auf die Iberische Halbinsel gerechnet werden, der unverzüglich eigene Gegenmaßnahmen erfordert.

II.) Infolge der dauernden Kräfteverschiebungen im Westen und des ständigen Wechsels in der Einsatzbereitschaft der Verbände können für die Durchführung dieser Unternehmen lediglich allgemeine Richtlinien gegeben werden. Die Personal- und Materiallage verbieten es auch, Kräfte und Material hierfür ständig besonders verfügbar zu halten.

Die bisher für »Attila« und »Isabella« erlassenen Weisungen treten daher mit sofortiger Wirkung außer Kraft. Die Improvisation beider Unternehmen ist aber so vorzubereiten, daß ihre Durchführung mit möglichst kurzer Vorbereitung möglich bleibt.                                                                             

III.) Besetzung Restfrankreichs in Zusammenarbeit mit italienisehen Kräften (Deckname »Anton« (gK), Tag des Operationsbeginns = A-Tag)                  

1.) Ziel der Operation ist es, die Widerstandskraft des unbesetzten Frankreichs zu brechen und das Land zu besetzen.   

Dabei kommt es für die deutschen Kräfte darauf an, unter Aufrechterhaltung des Küstenschutzes mit schnell zu bildenden, möglichst beweglichen Kräftegruppen die für die Verteidigung wichtigen Objekte überraschend in Besitz zu nehmen und hierdurch die französischen Widerstandsmöglichkeiten auszuschalten. Raschem Zugriff auf die französischen größeren, Eisenbahnknotenpunkte, Stockierungslager, Munitions- und Waffenlager, Flugplätze und den Regierungssitz Vichy kommt hierbei besondere Bedeutung zu.                                    

Aufgabe der Italiener wird es sein, - neben Korsika - die französische Mittelmeerküste zu besetzen und durch Abriegelung der Flottenstützpunkte - insbesondere Toulon - von See her ein Übergehen der französischen Heimatflotte und der in den Mittelmeerhäfen liegenden Handelsschiffe zum Feind zu verhindern. Sie sind dabei durch die im Mittelmeer befindlicher deutschen See- und Luftstreitkräfte zu unterstützen.        

Ferner werden die Italiener, falls es die Lage erfordert, sich gegen Tunesien zu wenden haben. Die Bildung einer Kampfgruppe für diesen Zweck ist im Gange.

2.) OKH (H. Gr. D.) trifft dementsprechend alle Vorbereitungen nach Maßgabe der jeweils verfügbaren Kräfte.

Zur Unterstützung des Heeres bei Sonderaufgaben (z. B. Besetzung von Luftwaffen-Anlagen, Ausschaltung von Nachrichten-Anlagen, Sabotage) erforderliche Sonderkommandos sind von den Wehrmachtteilen und den Dienststellen des OKW nach Anforderung und im Einvernehmen mit OKH abzustellen.

3.) Aufgabe der Luftwaffe ist es, neben der unmittelbaren Unterstützung der Operationen des Heeres die in Frankreich befindlichen Teile der französischen Luftwaffe in Zusammenarbeit mit den Italienern auszuschalten.

Möglichkeiten zu Luftlande-Unternehmen sind, wenn die 7. Fl. Div. und Transportgruppen zur Verfügung stehen, auszunützen.

Die Voraussetzungen für den Einsatz der Luftwaffe sind durch Vorbereiten der Bodenorganisation im besetzten französischen Gebiet soweit möglich bereits jetzt zu schaffen.

IV.) Erste Gegenmaßnahmen gegen feindlichen Zugriff auf die Iberische Halbinsel (Deckname »Ilona« (g. K.), Tag des Grenzübertritts = I-Tag).

1.) Als erstes Ziel der eigenen Gegenmaßnahmen müssen durch Inbesitznahme der Südausgänge der Pyrenäen die Voraussetzungen für spätere Operationen geschaffen werden. Einer Bedrohung der strategisch wichtigen französischen Atlantik­küste von Spanien ist durch Sicherung der an der spanischen Nordküste gelegenen Häfen zuvorzukommen.

2.) Verhandlungen und Vorbesprechungen mit den Spaniern und anderen außerdeutschen Stellen über diese Absichten sind ver­boten.

V.) Die Oberkommandos der Wehrmachtteile melden zum 10. 6. für beide Unternehmen

a)  die vorgesehenen Kräfte,

b)  die beabsichtigte Durchführung im Großen,

c)  den erforderlichen Zeitbedarf bis zum Anlauf der Operation,

d)  Forderungen und Wünsche an die Italiener, sowie Möglichkeiten zu ihrer Unterstützung (gem. III, 1, Abs. 3).

Die erforderlichen Absprachen mit den Italienern werden dann durch das Oberkommando der Wehrmacht veranlaßt werden.

(gez.) Adolf Hitler

 

Verteiler:

OKH/Op. Abt.                                     1. Ausf.

Ob. d. L. / LwFüSt                               2. Aüsf.

OKM/1.Skl.                                         3. Ausf.

Dt. Gen. b. H. Qu. d. ital. Wehrm.        4. Ausf.
OKW/WFSt                                   5.-6. Ausf.