Führerhauptquartier, den 6.9.1941
Der Führer und Oberste Befehlshaber der Wehrmacht OKW/WFSt/Abt. L (I Op.) Nr. 441492/41 g.Kdos. Chefs.
Geheime Kommandosache Chefsache Nur durch Offizier
10 Ausfertigungen 3. Ausfertigung
Weisung Nr. 35 für die Kriegführung Die Anfangserfolge gegen die zwischen den inneren Flügeln der Heeresgruppen Süd und Mitte befindlichen Feindkräfte haben, im Hinblick auf die fortschreitende Einschließung des Raumes von Leningrad, die Grundlage für eine entscheidungsuchende Operation gegen die vor der Heeresmitte in Angriffskämpfen festgelegte Heeresgruppe Timoschenko geschaffen. Sie muß in der bis zum Einbruch des Winterwetters verfügbaren befristeten Zeit vernichtend geschlagen werden. Es gilt hierzu, alle Kräfte des Heeres und der Luftwaffe zusammenzufassen, die auf den Flügeln entbehrlich werden und zeitgerecht herangeführt werden können. Nach Vortrag des Oberbefehlshabers des Heeres befehle ich für die Vorbereitung und Durchführung dieser Operationen: 1.) Vor der Südhälfte der Front kommt es darauf an, mit den über den Dnjepr nach Norden vorgehenden Kräften der Heeresgruppe Süd, in Verbindung mit dem Angriff des Südfiügels der Heeresgruppe Mitte, den im Dreieck Krementschug-Kijew - Konotop befindlichen Gegner zu vernichten. Sobald es die Durchführung dieser Aufgabe gestattet, sind freiwerdende Teile der 2. und 6. Armee sowie der Panzergruppe 2 für die neue Operation umzugruppieren. Von der Heeresgruppe Süd sind die durch Infanterie-Divisionen verstärkten Schnellen Verbände, beginnend etwa ab 10.9. spätestens und dann schwerpunktmäßig unterstützt durch Luftflotte 4, aus dem durch die 17. Armee gewonnenen Brückenkopf überraschend auf und über Lubny nach Nordwesten vorzuführen, während die 17. Armee in Richtung Poltawa, Charkow Raum gewinnt. Vom unteren Dnjepr aus ist der Angriff gegen die Krim mit Unterstützung der Luftflotte 4 fortzusetzen, ebenso - sofern hierfür Kräfte zur Verfügung stehen sollten - der Angriff aus dem Brückenkopf Dnjepropetrowsk. Ein Vortreiben schneller Kräfte südlich des unteren Dnjepr auf Melitopol würde für die Aufgabe der 11. Armee wesentliche Vorteile bringen. 2.) In der Heeresmitte ist die Operation gegen die Heeresgruppe Timoschenko derart vorzubereiten, daß möglichst frühzeitig (Ende September) zum Angriff angetreten werden kann mit dem Ziel, den im Raum ostwärts Smolensk befindlichen Gegner in doppelter, in allgemeiner Richtung Wjasma angesetzter Umfassung - starke, zusammengefaßte Panzerkräfte auf den Flügeln - zu vernichten. Hierzu sind mit Schnellen Kräften Schwerpunkte zu bilden: auf dem Südflügel - voraussichtlich im Raum südostwärts Roslawl, mit Stoßrichtung Nordost - aus den verfügbaren Kräften der Heeresgruppe Mitte und den hierfür freigegebenen Panzerdivisionen 5 und 2; aus dem Raum der 9. Armee - voraussichtlich Stoßrichtung über Bjeloj - unter Heranführung möglichst starker Teile aus dem Bereich der Heeresgruppe Nord. Erst dann, wenn die Masse der Heeresgruppe Timoschenko in dieser scharf zusammengehaltenen eng umfassenden Vernichtungsoperation geschlagen ist, wird die Heeresmitte zur Verfolgung Richtung Moskau - rechts angelehnt an die Oka, links angelehnt an die obere Wolga - anzutreten haben. Die Luftwaffe unterstützt den Angriff mit der, insbesondere aus dem Nordostraum, zeitgerecht zu verstärkenden Luftflotte 2 mit Schwerpunkt auf den Flügeln und setzt dabei die Masse der Sturzkampfverbände (VIII. Flieger-Korps) bei den Schnellen Verbänden der beiden Angriffsflügel ein. 3.) An der Nordostfront müssen, in Verbindung mit den auf der Karelischen Landenge angreifenden finnischen Korps, die im Raum von Leningrad fechtenden Feindkräfte (nach Besitznahme auch von Schlüsselburg) derart eingeschlossen werden, daß spätestens am 15.9. wesentliche Teile der Schnellen Truppen und der Luftflotte 1, insbesondere das VIII. Flieger-Korps, für die Heeresmitte freiwerden. Vorher ist jedoch die engere Abschließung von Leningrad wenigstens im Osten anzustreben und, falls es die Wetterlage erlaubt, ein Großangriff der Luftwaffe auf Leningrad durchzuführen. Besonders kommt es darauf an, die Wasserwerke zu zerstören. Zur Erleichterung des finnischen Vorgehens über die im Zuge der alten russisch-finnischen Grenze liegenden Befestigungen und zur weitgehenden Verengung des Kampfraumes und zur Ausschaltung feindlicher Luftstützpunkte sind baldmöglichst Kräfte der Heeresgruppe Nord über den Newa-Abschnitt nach Norden anzusetzen. Die Kronstadt-Bucht ist im Zusammenwirken mit den Finnen durch Minensperren und Artillerie-Einsatz so abzuschließen, daß ein Entkommen von Feindkräften in die Ostsee hinein (Hangö, Baltische Inseln) verhindert wird. Das Schlachtfeld von Leningrad ist, sobald Kräfte hierfür freiwerden, nach Osten auch am unteren Wolchow abzuschirmen, die Vereinigung mit der Karelischen Armee zum Swir hin erst dann zu suchen, wenn die Vernichtung des Gegners um Leningrad sichergestellt ist. 4.) Für den weiteren Verlauf der Operationen ist vorzusehen, daß der Angriff der Heeresgruppe Mitte Richtung Moskau aus dem Raum der Heeresgruppe Süd durch eine in allgemein nord-ostwärtiger Richtung vorgehende Flankenstaffel (aus dort freiwerdenden Schnellen Verbänden) abgedeckt wird und daß Kräfte der Heeresgruppe Nord zur Deckung der Nordflanke sowie zur Verbindungsaufnahme mit der finnischen Karelischen Armee beiderseits des Ilmensees vorgetrieben werden. 5.) Jede Abkürzung und damit Vorverlegung der jeweiligen Termine kommt der Gesamtoperation und ihrer Vorbereitung zugute. (gez.) Adolf Hitler
Verteiler: Ob. d. H. (Op. Abt.) 1. Ausf. Ob. d. L. (LwFüSt.) 2. " Ob. d. M. (Ski.) 3. " Wehrm. Trsp. Chef 4. " W. F. St. 5. " Abt. L 6.-10. "
Führerhauptquartier, den 19. 9. 41
Oberkommando der Wehrmacht WFSt/Abt. L (I Op.) Nr. 441545 gK. Chefs.
10 Ausf. 10. Ausf.
W[arlimont] 19/9
Bezug: Weisung Nr. 35 Der bevorstehende Angriff gegen die Heeresgruppe Timo-schenko erhält den Decknamen »Taifun«.
Fernschreiben von + + + KR GWNOL 05207 7. 9. 2100 Ob. d. H. (Op. Abt.), Ob. d. L. (Lw Fü St), Ob. d. M. (Ski.), Wehrmacht-Transportchef. - - g Kdos - Chefsache Der Satz auf Seite 2 der Weisung Nr. 3 5: » . .. ebenso - sofern hierfür Kräfte zur Verfügung stehen sollten - der Angriff aus dem Brückenkopf Dnjepropetrowsk« ist zu streichen. - Der Führer wünscht, daß sämtliche schnellen Divisionen mit der Panzergruppe 1 zum Angriff aus dem Brükkenkopf von Krementschug vereinigt werden, da für die Unterstützung eines Angriffs aus dem Brückenkopf Dnjepro-petrowsk Kräfte der Luftflotte 4 nicht zur Verfügung stehen. Dieser ist mit Hilfe der 198. Inf. Div. und ital. bzw. ungar. Kräfte zu halten. Chef OKW Abt. L BR. 441501/41 g. Kdos. Chefs. |