Führerhauptquartier, den 22.9.1941

 

Der Führer und Oberste Befehlshaber

der Wehrmacht

Nr. 441578/41 g.K. Chefs.

WFSt/L(I Op.)

 

Geheime Kommandosache

Chefsache

Nur durch Offizier

 

12 Ausfertigungen

4. Ausfertigung

Weisung Nr. 36 für die Kriegführung

I. Die ungewöhnlichen Geländeschwierigkeiten, die mangelhaften Verkehrslinien und die sowjetrussischen Verstärkungen, die nach Kardien und Lappland immer wieder zugeführt wurden, waren der Grund dafür, daß es den schwachen Kräften des A.O.K. Norwegen und der Luftflotte 5, trotz ungeheurer Lei­stungen und tapfersten Einsatzes, bisher nicht gelungen ist, die Murmanskbahn zu erreichen. Die Störung unserer Seeverbindungen an der Polarküste durch den Feind hat die Aussichten des Geb. Korps, Murmansk noch in diesem Jahr zu erreichen, noch weiter verringert.

Wohl aber ist es gelungen, starke feindliche Kräfte zu fesseln und von der russischen Hauptfront abzuziehen, den Feind überall über die früheren finnischen Grenzen zu werfen und jede Bedrohung Nordfinnlands und vor allem der Nickelgruben bisher auszuschalten.

II. An dem Endziel der Operationen in Nord- und Mittelfinnland, die um Murmansk und im Zuge der Murmanskbahn stehenden Feindkräfte zu vernichten, muß festgehalten werden.

Die Bedeutung dieses Raumes liegt in den für die deutsche Kriegführung lebenswichtigen Nickelgruben. Dieser Bedeutung ist sich auch der Feind bewußt. Es ist damit zu rechnen, daß sich der Engländer um Murmansk und Kandalakscha mit starken Luftstreitkräften festsetzt, vielleicht sogar mit kanadischen oder norwegischen Truppen auftritt, und nach Murmansk Kriegsmaterial in größtem Umfange zuführt. Mit Luftangriffen, auch während des Winters, gegen die Nickelbergwerke und die Wohnstätten der Bergarbeiter ist zu rechnen. Der Größe dieser Gefahr entsprechend müssen unsere eigenen Anstrengungen sein.

III. Ich befehle daher:

1.) A.O.K. Norwegen:

a) Die Angriffe im Abschnitt des III. (finn.) A.K. sind einzustellen, freizumachende Kräfte dem XXXVI. A.K. zuzuführen.

b) Beim XXXVI. A.K. sind alle Vorbereitungen zu treffen, um in der ersten Oktoberhälfte den Angriff in Richtung Kandalakscha wieder aufzunehmen mit dem Ziel, Murmansk noch vor Eintritt des Winters wenigstens von seiner Bahnverbindung abzuschneiden. Ferner ist zu prüfen, ob eine Fortsetzung dieses Angriffes im Winter größere Erfolgsaussichten hat als im Herbst.

Das finnische Oberkommando wird gebeten werden, die 163. Division zeitgerecht dem A.O.K. Norwegen auf dem Bahnwege über Rovaniemi zuzuführen.

c) Der Angriff des Gebirgs-Korps in Richtung Murmansk ist zunächst einzustellen, mit dem Nordflügel nur noch insoweit fortzuführen, als es zur Verbesserung der Stellung und zur Täuschung des Feindes erforderlich ist. Dagegen ist es notwendig, schon mit Rücksicht auf die Aufgaben der Kriegsmarine, noch vor Einbruch des Winters wenigstens den westlichen Teil der Fischerhalbinsel zu nehmen und damit die feindliche Einwirkung durch Artillerie und Schnellboote gegen die Einfahrt in den Hafen von Liinahamari zu beseitigen.

Die Erkundungen und Überlegungen für einen solchen Angriff sind sofort einzuleiten, das Ergebnis sobald wie möglich zu melden. Besondere Kampfmittel gegen Erd- und Seeziele, die noch heranzuführen sind und sich zum Einsatz eignen, werden zugewiesen werden.

Ob die Absicht des A.O.K. für den Winter sich verwirk­lichen läßt, 2 verstärkte Geb. Div. im Raum um Petsamo zu belassen und die 2. Geb. Div. in und um Rovaniemi in Ruhe zu legen, kann erst später entschieden werden, dies bleibt aber anzustreben. Die spätere Ablösung auch der 3. Geb. Div. durch die 5. Geb. Div. oder eine neu aufgestellte Geb. Div. ist beabsichtigt.

d) Für die Verlagerung der Versorgung des Geb. Korps auf die Eismeerstraße werden Kraftwagenkolonnen in Schweden gekauft und gemietet werden. Wenn dieser Transportraum nicht ausreichen sollte, wird Zuführung aus der Heimat angeordnet werden.

e) Reichsminister Dr. Todt habe ich beauftragt, unter rück­sichtslosem Einsatz von russischen Kriegsgefangenen so rasch wie möglich eine Feldbahn von Rovaniemi längs der Eismeerstraße nach Petsamo zu bauen.

f) Für die Wiederaufnahme des Angriffs auf Murmansk wird die Zuführung aller modernen Angriffsmittel, die in der Tundra zum Einsatz gebracht werden können, vorgesehen.

2.) Kriegsmarine:

Ihre Aufgabe ist es, auch während des Winters die feindliche Zufuhr nach Murmansk besonders in der Zeit anzugreifen, in der die Luftwaffe mehr oder weniger lahmgelegt ist.

Zu diesem Zweck ist ein dafür geeigneter behelfsmäßiger Stutzpunkt für leichte Seestreitkräfte einzurichten, - am besten in der Bucht von Petsamo -, falls es gelingt, den Westteil der Fischerhalbinsel zu nehmen. Die Zufuhr über See nach Kirkenes und Petsamo muß, auch wenn sie zeitweise unterbrochen wird, immer wieder versucht und neu aufgenommen werden.

Der Küstenschutz in der Bucht von Petsamo und von Kirkenes ist derart zu verstärken, daß er auch den Angriffen schwerer Seestreitkräfte gewachsen ist.

3.) Luftwaffe:

Das Verbleiben der Luftflotte 5 mit starken und für den Win­tereinsatz geeigneten Kräften im nordnorwegischen Raum ist von entscheidender Bedeutung.

Diese Kräfte sind so zu bemessen, daß bis zum Beginn der Schlechtwetterperiode die beabsichtigte Weiterführung der Operation auf Kandalakscha und die Wegnahme des Westteils der Fischerhalbinsel mit starker Wirkung unterstützt werden können. In der Zwischenzeit ist es notwendig, die feindliche Seezufuhr und die rückwärtigen Verbindungen des Gegners sowie seine Versorgungs- und Vorratslager laufend zu bekämpfen.

Dieser Kampf ist während der schlechten Jahreszeit bei jeder sich irgend bietenden Gelegenheit fortzusetzen und vor allem auf die Bekämpfung der feindlichen Zufuhren und des Stützpunktausbaues auszudehnen.

Hierzu muß die eigene Fliegerbodenorganisation soweit wie möglich in der nordnorwegischen und finnischen Basis belassen und mit allen Mitteln winterfest gemacht werden.

Der Schutz der eigenen Truppenunterkünfte, des Nachschubes, vor allem aber der Nickelgruben und des einzurichtenden Seestützpunktes gegen feindliche Luftangriffe ist sicherzustellen.

Bodenorganisation und Bevorratung sind derart zu ergänzen, daß die Weiterführung des Angriffs auf Murmansk zu gegebenem Zeitpunkt mit wesentlich verstärkten Fliegerkräften unterstützt werden kann.

(gez.) Adolf Hitler

 

Verteiler:

A.O.K. Norwegen            1. Ausf.

Verb. Stab Nord               2.    "

Ob. d. H. (Op. Abt.)         3.    "

Ob. d. M. (Ski.)                4.    "

Ob. d. L. (LwFüSt.)          5.    "

O.K.W.:

W.F.St.                   6.    "

Abt.L                7.-11.    "

Heimatst. Übersee   12.   "

 

 

[36 a]

 

Führerhauptquartier, den 5. Okt. 1941

 

Oberkommando der Wehrmacht

WFSt/Abt.L(IV/Qu)

Nr. 002255/41 g. Kdos.


Geheime Kommandosache

 

30 Ausfertigungen

7. Ausfertigung.

Besondere Anordnungen zur Weisung Nr. 36

(Der Führer und Oberste Befehlshaber der Wehrmacht Nr. 441578/4! g. Kdos. Chefs. WFSt/Abt. L (I Op) v. 22. 9. 1941.)

Die Verhältnisse im finnischen und nordnorwegischen Raum erfordern besondere Maßnahmen auf dem Versorgungsgebiet.

Entsprechend der Weisung Nr. 36 ist die Bevorratung der in Finnland und Nordnorwegen eingesetzten Truppenteile auf dem Versorgungsgebiet so voranzutreiben, daß die vorgesehenen Operationen zum gegebenen Zeitpunkt versorgungsmäßig gesichert sind.

OKM stellt den für die Zuführung der Versorgungsgüter insgesamt notwendigen Schiffsraum, gegebenenfalls im Einvernehmen mit dem Reichsverkehrsministerium, und die erforderlichen Sicherungskräfte sicher. Dabei ist der Einsatz von eisverstärkten Schiffen und Eisbrechern vorzusehen.

Bei den Seetransporten ist zu berücksichtigen, daß wertvolle Versorgungsgüter dem feindlichen Zugriff möglichst nicht ausgesetzt werden.

Im einzelnen sind folgende Maßnahmen zu treffen:

I. Verwaltungswesen:

1) Verpflegung ist entsprechend den Anforderungen des AOK Norwegen sowohl hinsichtlich der Bevorratung als auch der laufenden Versorgung durch Heimatstab Übersee beim OKH/ VA sicherzustellen. Heimatstab Übersee veranlaßt, daß die für die Bevorratung vorgesehenen Mengen so rechtzeitig zugeführt werden, daß bei eintretenden Eisschwierigkeiten und der damit zwangsläufigen Unterbindung der Zufuhr der laufende Bedarf aus den durch das AOK in Finnland und Schweden anzulegenden Verpflegungslagern gedeckt werden kann.

AOK Norwegen hält dazu die in Nordnorwegen angelegten Verpflegungslager so bevorratet, daß, auch bei auftretenden Zuführungsschwierigkeiten auf dem Seeweg, von Transporten auf der Eismeerstraße - in Anbetracht der angespannten Betriebsstofflage - möglichst wenig Gebrauch gemacht wird.

2) Unterkunftsbedürfnisse.

a) Baracken. Die durch AOK Norwegen in Schweden und Finnland beschafften Baracken sind zur Vermeidung eines Transportes auf der Eismeerstraße auf dem Seewege nach Nordfinnland zuzuführen. Sofern ein Transport durch Schweden nach Narvik zum anschließenden Seetransport irgend erreichbar ist, muß dieser Weg ausgenutzt werden.

OKM wird gebeten, im Einvernehmen mit dem Reichsverkehrsministerium sicherzustellen, daß anfallender Leerschiffraum weitgehend für Eisen- und Nickelerztransporte aus Lulea bzw. Narvik und Petsamo ausgenutzt wird.

b) Heizmaterial. Soweit Heizmaterial aus dem Lande (Holz und Torf) nicht gedeckt werden kann, sind durch Heimatstab Übersee die erforderlichen zusätzlichen Kohlemengen bei den zuständigen Dienststellen (Reichskohlenkommissar) bereitzustellen und im Einvernehmen mit dem Reichsverkehrsministerium zu befördern.

c) Unterkunftsgerät ist in dem benötigten Umfange, sofern ein Ankauf in Schweden und Finnland nicht möglich ist, durch OKH/VA bereitzustellen. Heimatstab Übersee veranlaßt die Zuführung.

d) Bekleidung. Die bisher zugeführte Winterbekleidung und - Ausrüstung reicht im Falle von Operationen während des Winters nicht aus. Durch OKH (Heeres-Bekleidungsabteilung) sind die noch in Bearbeitung befindlichen Anforderungen des AOK Norwegen vordringlich zu erfüllen.

II. Kfz.-Kolonnenraum:

1) Für den notwendigsten Verkehr auf der Eismeerstraße werden zur Verfügung gestellt:

a)  200-250 unbereifte Lkw. durch Ankauf in Schweden;

b) Eine Kolonnenabteilung des Baustabes Speer zu 5 Kompanien = 225 Lkw.;

c) 6 große Betriebsstoffkolonnen und 3 KW-Werkstattzüge durch OKH/Ag. K.

2) Die Abnahme und Zuführung der in Schweden angekauften Lkw. regelt AOK Norwegen im unmittelbaren Einvernehmen mit den zuständigen deutschen Dienststellen. OKW/Wi Rü-Amt stellt durch OKH/Ag. K. die erforderliche Bereifung für diese Kraftfahrzeuge sicher.

OKH/AHA ermöglicht auf Anforderung des AOK Norwegen die Zusammenstellung zu Kolonnen durch Zuweisung von Personal, Waffen und Gerät.

Sollte die Schwedische Regierung die Genehmigung zum Ankauf und zur Ausfuhr weiterer Lkw. geben, ist in erster Linie der Fehlbedarf der in Nordnorwegen und Finnland eingesetzten Teile der Luftwaffe zu befriedigen.

3) Der gemäß 1), b) und c) bereitgestellte Kolonnenraum und die KW-Werkstattzüge führt Heimatstab Übersee zum frühestmöglichen Termin im Einvernehmen mit OKH/AHA dem AOK Norwegen nach finnischen Häfen zu.

III. Betriebsstoff:

Der bisher dem AOK Norwegen (Befehlsstelle Finnland) zugewiesene Betriebsstoff reicht für die bevorstehenden Aufgaben nicht aus.

Außer dem für September und Oktober zugewiesenen Monatskontingent von je 5 000 cbm und den als Winterbevorratung zusätzlich zugewiesenen 10 000 cbm, deren Zuführung Heimatstab Übersee bis zum 31. 10. sicherstellt, sind daher durch OKW/Wi Rü-Amt für den weiteren laufenden Bedarf die erforderlichen Betriebsstoffmengen unter Berücksichtigung des zusätzlichen Verbrauchs für die Transporte auf der Eismeerstraße bereitzustellen. Entsprechend der Aufnahmefähigkeit des in Finnland für deutsche Zwecke gemieteten Tankraums ist die Zuführung ausreichender Betriebsstoffmengen bis zum Beginn der Vereisung der finnischen Häfen durchzuführen.

IV. Organisation Todt ist ersucht worden, den Bau der Feldbahn Rovaniemi-Vuotsa beschleunigt in Angriff zu nehmen. Heimatstab Übersee veranlaßt im Einvernehmen mit Organisation Todt Zuführung der nötigen Arbeitskräfte und des Baumaterials. Dabei sind für die bei dem Bahnbau einzusetzenden russischen Kriegsgefangenen nur Unterkünfte einfachster Art vorzubereiten.

Der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht

gez. Keitel

F. d. R.

v. Tippeiskirch

Oberstleutnant d. G.

 

Verteiler:

OKH - Op. Abt.                              1. Ausf.

- Gen Qu                                          2.    "

- Chef H Rüst u. B. d. E /AHA         3.    "

                                     /VA             4.    "

Ob. d. L. - Luftwaffenführungsstab    5.    "

Ob. d. L. -GenQu                            6.    "

OKM - Skl.                                     7.    "

- Skl./Qu A II                         8.    "

- Skl./Qu A VI                        9.    "

A. O. K. Norwegen                 10.-11.    "

Verbindungsstab Nord                    12.    "

OKW - WFSt                                13.    "

Wi Rü Amt                            14.    "

AWA                                    15.    "

Abt. Ausl.                              16.    "

Heimatstab Übersee              17.    "

LIH                                       18.    "

LIL                                       19.    "

LIK                                      20.    "

LH                                        21.    "

L / Ktb.                                 22.    "

LIV                                       23.    "

Reserve                                    24.-30.    "