Führerhauptquartier, den 11. 6. 41

 

Der Führer und Oberste Befehlshaber

der Wehrmacht

OKW/WFSt/Abt. L (I Op.)

Nr. 44886/41 gK Chefsache II. Ang.

 

Chef Sache

Nur durch Offizier

 

9 Entw.-Ausfert.

2. Ausfertigung.

 

Weisung Nr. 32 für die Kriegführung

Vorbereitungen für die Zeit nach Barbarossa

A.) Nach der Zerschlagung der sowjetrussischen Wehrmacht werden Deutschland und Italien das europäische Festland - vorläufig ohne die iberische Halbinsel - militärisch beherrschen. Irgendeine ernsthafte Gefährdung des europäischen Raumes zu Lande besteht dann nicht mehr. Zu seiner Sicherung und für die noch in Betracht kommenden Angriffsoperationen genügen wesentlich geringere Kräfte des Heeres, als sie bisher aufrechterhalten werden mußten.

Der Schwerpunkt der Rüstung kann auf die Kriegsmarine und auf die Luftwaffe gelegt werden.

Die Vertiefung der deutsch-französischen Zusammenarbeit soll und wird weitere englische Kräfte fesseln, die Rückenbedrohung des nordafrikanischen Kriegsschauplatzes beseitigen, die Bewegungsmöglichkeit der britischen Flotte im westlichen Mittelmeer weiter einschränken und die tiefe Südwestflanke des europäischen Kampfraumes, einschl. der atlantischen Küste Nord- und Westafrikas, gegen angelsächsischen Zugriff schützen.

Spanien wird in absehbarer Zeit vor die Frage gestellt werden, ob es bereit ist, an der Vertreibung der Engländer aus Gibraltar mitzuwirken oder nicht.

Die Möglichkeit, auf die Türkei und den Iran einen starken Druck auszuüben, verbessert die Aussichten, auch diese Länder mittelbar oder unmittelbar für den Kampf gegen England nutz­bar zu machen.

B.) Aus dieser Lage heraus, wie sie sich nach der siegreichen Beendigung des Ostfeldzuges ergeben wird, können der Wehrmacht für den Spätherbst 1941 und den Winter 1941/42 folgende strategische Aufgaben erwachsen:

1.) Der neugewonnene Ostraum muß organisiert, gesichert und unter voller Mitwirkung der Wehrmacht wirtschaftlich ausgenutzt werden.

Wie stark diese Sicherungskräfte im russischen Raum zu bemessen sind, läßt sich mit Sicherheit erst später übersehen. Aller Voraussicht nach werden aber etwa 60 Divisionen und eine Luftflotte, neben den verbündeten und befreundeten Kräften, für die weiteren Aufgaben im Osten genügen.

2.) Fortsetzung des Kampfes gegen die britische Position im Mittelmeer und in Vorderasien durch konzentrischen Angriff, der aus Libyen durch Ägypten, aus Bulgarien durch die Türkei und unter Umständen auch aus Transkaukasien heraus durch den Iran vorgesehen ist.

a) In Nordafrika kommt es darauf an, daß Tobruk erledigt und hierdurch die Grundlage zur Fortführung des deutsch­italienischen Angriffes gegen den Suez-Kanal geschaffen wird. Er ist etwa für November vorzubereiten mit der Maßgäbe, daß das Deutsche Afrika-Korps personell und materiell bis dahin auf den höchstmöglichen Stand gebracht und mit ausreichenden Reserven aller Art zu eigener Verfügung ausgestattet wird (bei Umbildung der 5. le. Div. in eine volle Panzer-Division), daß weitere große deutsche Verbände nicht nach Nordafrika überführt werden.

Die Vorbereitungen für den Angriff erfordern, daß das Transporttempo unter Zuhilfenahme französisch-nordafrikanischer Häfen und womöglich des neuen Seeweges aus dem südgriechischen Raum mit allen Mitteln gesteigert wird.

Aufgabe der Kriegsmarine ist es, in Zusammenarbeit mit der italienischen Kriegsmarine für die Bereitstellung des nötigen Schiffsraumes unter Charterung französischer und neutraler Schiffe zu sorgen.

Die spätere Überführung deutscher Schnellboote in das Mittelmeer ist zu prüfen.

Zur Verbesserung der Ausladeleistung in den nordafrikanischen Häfen ist der italienischen Kriegsmarine jede Unterstützung zu gewähren.

Ob. d. L. führt dem Afrika-Korps entsprechend dem Freiwerden im Osten ausreichende Fliegerverbände und Flak-Artillerie für die Weiterführung der Operation zu und verstärkt den italienischen Geleitzugschutz der Seetransporte in der Luft durch Einsatz deutscher Fliegerverbände.

Zur einheitlichen Leitung der Transportvorbereitungen ist der »Heimatstab Übersee« gebildet worden, der nach den Richtlinien des Oberkommandos der Wehrmacht in Verbindung mit dem Deutschen General beim Hauptquartier der italienischen Wehrmacht und mit dem Wehrmachtbefehlshaber Südost arbeitet.

b) Angesichts der zu erwartenden englischen Verstärkungen im Vorderen und Mittleren Orient und namentlich zum Schutz des Suez-Kanals wird eine deutsche Operation aus Bulgarien durch die Türkei ins Auge zu fassen sein mit dem Ziel, die englische Stellung am Suez-Kanal auch von Osten her anzugreifen.

Zu diesem Zweck ist vorzusehen, so frühzeitig als möglich so starke Kräfte in Bulgarien zu versammeln, wie nötig sind, die Türkei politisch gefügig zu machen oder ihren Widerstand mit Waffengewalt zu brechen.

c) Wenn der Zusammenbruch der Sowjetunion die Voraussetzung dafür geschaffen hat, ist ferner der Ansatz eines motorisierten Expeditionskorps aus Transkaukasien heraus gegen den Irak in Verbindung mit den Operationen zu b) vorzubereiten.

d) Ausnutzung der arabischen Freiheitsbewegung. Die Lage der Engländer im Mittleren Orient wird bei größeren deutschen Operationen um so schwieriger sein, je mehr Kräfte durch Unruheherde oder Aufstandsbewegungen zeitgerecht gebunden werden. Alle diesem Zweck dienenden militärischen, politischen und propagandistischen Maßnahmen müssen in der Vorbereitungszeit engstens aufeinander abgestimmt sein. Als zentrale Außenstelle, die in allen Planungen und Maßnahmen im arabischen Raum einzuschalten ist, bestimme ich den Sonderstab F, der seinen Sitz im Bereich des Wehrmachtbefehlshabers Südost zu nehmen hat. Ihm sind die besten Sachkenner und Agenten beizugeben.

Die Aufgaben des Sonderstabes F regelt der Chef OKW, -soweit politische Fragen berührt werden, im Benehmen mit dem Reichsaußenminister.

3.) Schließung des Westeinganges in das Mittelmeer durch Ausschaltung von Gibraltar.

Die Vorbereitungen für das schon einmal geplante Unternehmen »Felix« müssen schon während des Auslaufens der Operationen im Osten in vollem Umfange wieder aufgenommen werden. Dabei kann damit gerechnet werden, daß auch das unbesetzte französische Gebiet, wenn nicht für den Durchtransport deutscher Truppen, so doch sicherlich für Versor­gungstransporte zur Verfügung steht. Auch die Mitwirkung französischer See- und Luftstreitkräfte liegt im Bereich der Möglichkeit.

Zum Übersetzen nach Spanisch-Marokko, nach der Weg­nahme von Gibraltar, sind Heeresverbände nur insoweit vorzusehen, als es die Sicherung der Meerenge erfordert.

Die Verteidigung der atlantischen Küste von Nord- und Westafrika, die Ausschaltung der englischen Besitzungen in Westafrika und die Rückgewinnung des von de Gaulle beherrschten Gebietes fällt den Franzosen zu, denen im Zuge der angebahnten Entwicklung die erforderlichen Verstärkungen bewilligt werden. Die Ausnutzung westafrikanischer Stützpunkte durch Kriegsmarine und Luftwaffe, u. U. auch die Besitznahme atlantischer Inseln, wird nach Beherrschung der Meerenge erleichtert sein.

4.) Neben diesen möglichen Operationen gegen die britische Machtstellung im Mittelmeer muß die »Belagerung Englands« nach Abschluß des Ostfeldzuges durch Kriegsmarine und Luftwaffe wieder in vollem Maße aufgenommen werden.

Alle diesem Zweck dienenden Rüstungsvorhaben haben damit innerhalb der Gesamtrüstung den Vorrang. Gleichzeitig gilt es, die deutsche Luftverteidigung aufs höchste zu steigern. Vorbereitungen für eine Landung in England werden dem doppelten Ziel zu dienen haben, englische Kräfte im Mutterland zu binden und einen sich abzeichnenden Zusammenbruch Englands durch eine Landung auszulösen und zu vollenden.

C.) Zu welchem Zeitpunkt die geplanten Operationen im Mittelmeerraum und im Vorderen Orient begonnen werden können, läßt sich noch nicht übersehen. Die stärkste operative Wirkung würde ein möglichst gleichzeitiger Beginn der Angriffe gegen Gibraltar, Ägypten und Palästina ergeben.

Ob das möglich sein wird, hängt, neben einer Reihe von Faktoren, die heute noch nicht abzusehen sind, in erster Linie davon ab, ob die Luftwaffe in der Lage sein wird, die erforderlichen Kräfte zur Unterstützung dieser drei Operationen gleichzeitig einzusetzen.

D.) Die Herren Oberbefehlshaber ersuche ich, nach diesen vorläufigen Absichten ihre gedanklichen und organisatorischen Vorbereitungen zu treffen und mich von deren Ergebnissen so rechtzeitig zu unterrichten, daß meine endgültigen Weisungen noch während des Ostfeldzuges erlassen werden können.

gez. Warlimont

(Im Entwurf nicht unterzeichnet)

 

Verteiler:

OKH (Op. Abt.)          1. Ausf.

OKM (Ski.)                 2. Ausf.

Ob. d. L. (LwFüSt)      3. Ausf.

Abt. L                     4.-9. Ausf.

Die neue Fassung, wodurch die Seiten 2 und 3 des Entwurfes (Ziffer B 2 a und b) ersetzt wurden, ging den Oberkommandos am 30. 6. 41 zu (Brieftagebuch - Nr. wie oben, II. Ang., gez. Warlimont). Diese gültige Fassung ist vorstehend gedruckt. Verteiler wie Entwurf jedoch Wehrm. Trsp. Chef 4. Ausf, Abt. L 5.-10. Ausf.

Der Entwurf hatte im letzten Satz von Ziffer B 1 statt »verbündeten und befreundeten Kräften« die begrenzte Angabe »finnischen und rumänischen Kräften«.

Ziffer B 2 a) und b) hatten im Entwurf folgenden Wortlaut:

2.) Die Fortsetzung des Kampfes gegen die britische Position im Mittelmeer und in Vorderasien.

a) Es bleibt anzustreben, etwa im November beginnend, den Hauptangriff gegen den Suez-Kanal mit deutschen und italieni­schen Verbänden von der Cyrenaika aus zu führen.

Da bis dahin mit einer erheblichen Verstärkung der britischen Kräfte in Ägypten gerechnet werden muß, ist zu versuchen, über die italienischen Verstärkungen hinaus auch dem Deutschen Afrika-Korps noch weitere Kräfte - etwa i Pz. und 1 mot. Div. - zuzuführen.

Diese Kräfte sind, sobald es die Ostlage erlaubt, für den afrikanischen Kriegsschauplatz auszurüsten und bereitzustellen.

Diese Absicht läßt sich nur bei befriedigender Lösung des Transportproblems verwirklichen.

Die Steigerung des Transporttempos muß daher unter Zu­hilfenahme des französischen Angebotes und womöglich des neuen Seeweges aus dem südgriechischen Raum mit allen Mitteln erreicht werden.

Aufgabe der Kriegsmarine ist es, in Zusammenarbeit mit der italienischen Kriegsmarine für die Bereitstellung des nötigen Schiffsraumes unter Charterung französischer und neutralere Schiffe zu sorgen.

Zur Verbesserung der Ausladeleistung in den nordafrikanischen Häfen ist der italienischen Kriegsmarine jede Unterstützung zu gewähren.

Die spätere Überführung deutscher Schnellboote in das Mittelmeer ist zu prüfen.

Zur einheitlichen Leitung der Transportvorbereitungen wird ein »Heimatstab Übersee« gebildet werden, der nach den Richtlinien des Oberkommandos der Wehrmacht in Verbindung mit dem Deutschen General beim italienischen Oberkommando und mit dem Wehrmachtbefehlshaber Südost arbeitet.

b) Um den schwierigen Angriff vom Westen her auf Ägypten zu erleichtern, wird ein deutscher Druck in Richtung des Suez-Kanals auch vom Osten her ins Auge zu fassen sein.

Zum mindesten werden dadurch die englischen Ab Wehrkräfte zersplittert.

Zu diesem Zweck ist vorzusehen, so frühzeitig als möglich so starke Kräfte in Bulgarien zu versammeln, als nötig sind, die Türkei politisch gefügig zu machen oder ihren Widerstand mit Waffengewalt zu brechen.

Im Rahmen dieser Armee und, wenn der Zusammenbruch der SU die Voraussetzung dafür geschaffen hat, auch in Kaukasien, sind motorisierte Expeditionskorps aufzustellen, um sich später den Weg durch die Türkei und Syrien nach Palästina und durch den Iran nach Basra zu bahnen.

OKW/WFSt/Abt. L (I Op.)

F. H. Qu., den 21. 6. 41

Weisung 3 2 ist bisher nur den Oberkommandos im Entwurf zugegangen.


 

[32a]

 

Führerhauptquartier, den  21. 6. 41

 

Oberkommando der Wehrmacht

Nr. 44909/41 g.K. Chefs.

WFSt/Abt. L (I Op.)

 

Geheime Kommandosache

Chef Sache

Nur durch Offizier

 

25 Ausfertigungen

10. Ausfertigung

 

Bezug: Weisung 32

 

Dienstanweisung für Sonderstab F (Gen. d. Fl. Felmy)

1.) Sonderstab F ist die centrale Außenstelle für alle Fragen der arabischen Welt, die die Wehrmacht betreffen. Er ist in alle Planungen und Maßnahmen im arabischen Raum einzuschalten.

2.) Sonderstab F untersteht dem Chef OKW unmittelbar.

Für die Durchführung seiner Aufgaben erhält er allgemeine Richtlinien vom Oberkommando der Wehrmacht (Ausl./Abw. bzw. WFSt/Abt. L).

3.) Der Sonderstab F nimmt seinen Sitz im Bereich des Wehrmachtbefehlshabers Südost.

4.) Aufgaben:

a) Sonderstab F hält und sucht im Rahmen des Möglichen Verbindung mit englandfeindlichen Kräften im Mittleren Orient und unterstützt sie mit dem Ziel, spätere deutsche Operationen durch zeitgerechtes Losschlagen zu unterstützen.

b) er liefert dem OKW und auf Anforderung der Oberkommandos auch diesen Unterlagen zur Beurteilung der Operationsmöglichkeiten in den verschiedenen Ländern des Orients entsprechend den Jahreszeiten und den sonstigen klimatischen Verhältnissen.

c) er setzt die für den Mittleren Orient bestimmten Waffenlieferungen ein.

d) er bildet Führer und Saboteure (letztere in Zusammenarbeit mit Abw. II) für englandfeindliche Bewegungen aus.

5.) Dem General der Flieger Felmy unterstehen außer seinem persönlichen Stab:

a) militärische Sachkenner und Agenten, dabei die Organe der Abwehr für Fragen des Mittleren Orients

b) ein Stab von Instrukteuren, der nach freiem Ermessen zu verwenden ist

c) der durch OKH in Verbindung mit Ob.d.L. in Stärke eines mit Hilfswaffen reichlich ausgestatteten und motorisierten Bataillons aufzustellende Sonderverband F.

d) ein nach Syrien zu entsendender kleiner Verbindungsstab mit der Maßgabe, daß dieser gewisse - seine eigentlichen Aufgaben tarnende - Aufträge auch von der Deutschen Waffenstillstandskommission erhält. Der Stab soll nach außen hin möglichst wenig in Erscheinung treten. Sein Verhältnis zum Vertreter des Deutschen Reiches in Beirut regelt sich (in getarnter Form) entsprechend dem Verhältnis zwischen einem Militärattache und einem Gesandten.

e) künftig im Rahmen des Möglichen einzurichtende Außenstellen. Mit den Militärattaches in Ankara und Teheran hält Sonderstab F unmittelbare Verbindung. Insbesondere bedient er sich dabei der dem Militärattache Ankara angegliederten Organisation, der er über Militärattache Ankara entsprechende Aufträge erteilen kann, für Zwecke der Nachrichtenbeschaffung und zur Herstellung neuer Verbindungen.

6.) Dem Sonderstab F wird als Vertreter des Auswärtigen Amtes der Gesandte Grobba angegliedert mit der Maßgabe, daß dieser auf Grund der Vereinbarungen zwischen Chef OKW und Reichsaußenminister Richtlinien von letzterem erhält, daß jedoch in Fragen der praktischen Ausführung der Sonderstab F für die sachdienliche Gleichschaltung aller Maßnahmen ver­antwortlich ist.

7.) Über seine Tätigkeit berichtet der Sonderstab F dem OKW (Ausl./Abw. und WFSt/Abt. L) zum 1. und 15. jeden Monats.

Der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht

 

Verteiler:

Sonderstab F                                                      1. Ausf.

Ob.d.H. (Op.Abt. u. O. Qu. IV)                 2. u. 3. Ausf.

Ob.d.M. (i. und 3. Ski.)                              4. u. 5. Ausf.

Ob.dX. (Lw.Fü.St. Ia, Ic)                           6. u. 7. Ausf.

W. B. Südost                                                     8. Ausf.

per Deutsche General beim Hauptquartier

der italienischen Wehrmacht                               9. Ausf.

OKW:

WFSt.                                                    10. Ausf.

Abt.L                                               11.-15. Ausf.

WNV                                                     16. Ausf.

WPr                                                       17. Ausf.

Amt Ausland/Abwehr                             18. Ausf.

Abt. Ausland (zgl. f. Aus. Amt)     19. u. 20. Ausf.

Wehrmacht-Transportchef                      21. Ausf.

Wi Rü Amt                                             22. Ausf.

AWA                                                     23. Ausf.

WZ                                                        24. Ausf.

Deutsche Waffenstillstandskomm.                     25. Ausf.


 

 

[32b]

 

Führerhauptquartier, den 14. 7. 1941

 

Der Führer und Oberste Befehlshaber

der Wehrmacht

OKW/WFSt/Abt. L (II) Org.

Nr. 441219/41 g. Kdos. Chefs.

 

Geheime Kommandosache

Chefsache!

Nur durch Offizier!

 

13 Ausfertigungen

5. Ausfertigung

 

Verteiler der Abschriften

 

Prf. Nr. 1 - 1./Skl

Prf. Nr. 2 - ChefMWaWi

Prf. Nr. 3 - Chef K

Prf. Nr. 4 - ChefAWa

 

Auf Grund der in der Weisung 32 angekündigten Absichten für die künftige Kriegsführüng gebe ich für die personelle und materielle Rüstung folgende Richtlinien:

1.) Allgemein;

Die militärische Beherrschung des europäischen Raumes nach der Niederwerfung Rußlands erlaubt es, den Umfang des Heeres demnächst wesentlich zu verringern. Im Rahmen der herabgesetzten Heeresstärke wird die Panzerwaffe eine starke Vermehrung erfahren.

Die Rüstung der Kriegsmarine ist auf diejenigen Maßnahmen zu begrenzen, die unmittelbar der Kriegsführung gegen England und eintretendenfalls gegen Amerika dienen.

Der Schwerpunkt der Rüstung geht auf die Luftwaffe über, die in großem Umfange zu verstärken ist.

2.) Personelle Rüstung:

Den künftigen Umfang des Heeres werde ich nach Anhören der Vorschläge des Oberbefehlshabers des Heeres bestimmen.

Das Ersatzheer ist der herabzusetzenden Heeresstärke anzupassen.

Über die zu Gunsten von Wehrmacht und Rüstung freiwerdenden Kräfte entscheidet der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht nach meinen Weisungen.

Der Jahrgang 1922 ist erst zu einem möglichst späten Zeitpunkt einzuberufen und vom Oberkommando der Wehrmacht entsprechend den künftigen Aufgaben der Wehrmachtsteile zu verteilen.

3.) Materielle Rüstung:

a) Gesamt-Wehrmacht:

Die Bewaffnung und technische Ausstattung der Truppe ist, unabhängig von den z. Zt. gültigen Ausrüstungsnachweisungen, auf das durch die feldmäßige Beanspruchung erforderliche, Maß zurückzuführen.

Alle nicht für den unmittelbaren Kampfeinsatz bestimmten Verbände (Sicherung-, Bewachungs-, Bau- u. ä. Einheiten) sind grundsätzlich auf Beutewaffen und Behelfsgeräte anzuweisen.

Alle Anträge auf »allgemeines Wehrmachtsgerät« sind nach Maßgabe der Bevorratung, des Verbrauchs und des Verschleißes sofort zu drosseln bzw. zu streichen. Die Fortführung nachweislich notwendiger Fertigung ist mit dem Reichsminister für Bewaffnung und Munition festzulegen.

Jede Ausweitung der Fertigungseinrichtungen (Bauten und Werkzeugmaschinen) hat zu unterbleiben, solange nicht die vorhandenen Kapazitäten durch Einführung mehrerer Schichten voll ausgenutzt sind.

Alle Dauerbauten für Industrie und Wehrmacht, die Friedenszwecken und nicht unmittelbar der Kriegsführung und der Rüstung dienen, sind einzustellen. Für Bauten, die unmittelbar für Zwecke der Kriegsführung und Rüstung bestimmt sind, bleibt es bei der bestehenden Regelung durch den Generalbevollmächtigten für das Bauwesen. Für Bauten ziviler Bauherren wird der G. B. Bau die Beschränkung auf das Kriegsnotwendigste durchführen.

Aufträge aller Art, die nicht diesem Gesichtspunkt Rechnung tragen, sind sofort zurückzuziehen.

Die freiwerdenden Arbeitskräfte, Rohstoffe und Fertigungsanlagen sind für die Schwerpunkt-Aufgaben der Rüstung freizumachen und dem Reichsminister für Bewaffnung und Munition baldigst zu anderweitiger Verwendung zur Verfügung zu stellen.

b) Heer:

Die Ergänzung der Rüstung und Ausstattung sowie die Neu­fertigung von Waffen, Munition und Gerät ist, sofort beginnend, den künftigen herabgesetzten Stärken anzupassen. Soweit eine Bevorratung von mehr als 6 Monaten besteht, sind die darüberhinausgehenden Aufträge zurückzuziehen. Laufende Fertigungen sind nur dann noch abzuschließen, wenn eine sofortige Umstellung unwirtschaftlich sein würde.

Ausnahmen von diesen Einschränkungen bilden;

Das Panzer-Programm für die erheblich zu verstärkenden schnellen Truppen einschließlich des zugehörenden Sondergeräts und der Fertigung schwerster Panzer, das neue Programm der schweren Pak einschließlich der Zugmittel und ihrer Munition, das Programm der zusätzlichen Ausstattung für Expeditionstruppen, unter denen 4 weitere Tropen-Panzer-Divisionen, unter Anrechnung auf den Gesamtumfang der Panzerwaffe, vorgesehen sind.

Fabrikatorische Vorbereitungen, die nicht zu der Erfüllung dieser Programme dienen, sind einzustellen.

Das Flak-Programm des Heeres ist dem der Luftwaffe gleichgeordnet und bildet mit diesem fabrikatorisch eine Einheit. Zur Erreichung der von mir festgesetzten monatlichen Auslieferungen sind die hierfür geeigneten Kapazitäten voll auszunutzen.

c) Kriegsmarine:

Die Kriegsmarine setzt das U-Boot-Programm fort. Es ist auf die damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Fertigungen und Bauten zu begrenzen. Eine Ausweitung der Rüstungsplanung darüber hinaus ist zurückzustellen.

d) Luftwaffe:

Die Stärkung der Gesamtrüstung liegt in der Durchfuhrung des von mir genehmigten erweiterten Luft-Rüstungs-Programm. Seine Verwirklichung bis zum Frühjahr 1942 ist von entscheidender Bedeutung für die Gesamt-Kriegsführung. Hierzu sind alle aus Wehrmacht und Wirtschaft verfügbaren Kräfte und Mittel einzusetzen. Das der Luftwaffe zuzuweisende Kontingent an Aluminium ist, soweit irgend möglich, zu steigern.

Umfang und Tempo der Durchführung ist mit der Erweiterung der Leichtmetall- und Mineralöl-Erzeugung abzustimmen.

4.) Das Pulver- und Sprengstoffprogramm ist unter Zurückstellung der Forderungen des Heeres in erster Linie auf die Erfordernisse der Luftwaffe (Bomben, Flakmunition) abzustellen. Die Ausbauten sind auf das unbedingt notwendige Maß und die einfachste Bauart zu beschränken.

Die Vorbereitungen auf dem Kampfstoffgebiet sind nur in dem bisherigen Rahmen aufrechtzuerhalten.

5.) Von besonderer Bedeutung ist die Sicherung der Rohstoff- und Mineralölbasis. Die Verstärkung der Kohlenförderung und der Ausbau der Leichtmetall-, Buna-, Kunststoff- und Treibstoff-Erzeugung ist seitens der Wehrmacht mit allen Mitteln, insbesondere durch vorzugsweise Abgabe der Bergarbeiter und der Spezialkräfte, zu fördern. Der Bau der hierzu notwendigen Anlagen für das erweiterte Luft-Groß-Rüstungs-Programm ist gleichrangig mit diesem durchzuführen.

6.) Die Zuweisung von Arbeitskräften, Rohstoffen und Ferti-gungskapazitäten hat diesen Richtlinien Rechnung zu tragen.

7.) Die Durchführungsbestimmungen erläßt für die Wehrmach der Chef OKW; der Reichsminister für Bewaffnung und Munition für seinen Bereich in gegenseitiger Abstimmung.

(gez.) Adolf Hitler