[19. Januar 24. Februar 1940]  

Weisung Nr. 10 für die Kriegführung

 »Die Haltung der Westmächte kann es erforderlich machen, daß das deutsche Heer im Westen zur Offensive übergeht. Für den Angriff werden dann alle zu Gebote stehenden Kräfte eingesetzt mit dem Zweck, Holland und Belgien zu besetzen, möglichst starke Teile des französischen Heeres und seiner Verbündeten auf nordfranzösischem und belgischem Boden zur Schlacht zu stellen und zu schlagen und dadurch die Voraus­setzung für einen raschen und entscheidenden Sieg über das franz.-engl. Heer zu schaffen.«

 »Der Angriff >Gelb< bezweckt, durch rasche Besetzung Hol­lands das niederländische Hoheitsgebiet dem Zugriff Englands zu entziehen, durch Angriff über belgisches und luxemburgi­sches Gebiet möglichst starke Teile des franz.-engl. Heeres zu schlagen und damit die Vernichtung der militärischen Macht­mittel des Feindes anzubahnen.

Der Schwerpunkt des über belg.luxemb. Gebiet zu führenden Angriffs liegt südl. der Linie Lüttich-Charleroi. 

Die nördl. dieser Linie angesetzten Kräfte durchbrechen die belgische Grenzverteidigung. Durch weiteren Angriff in westl. Richtung schalten sie eine unmittelbare Bedrohung des Ruhr­gebiets aus dem nordostbelgischen Räume aus und ziehen mög­lichst starke Teile des engl.franz. Heeres auf sich. 

Die südlich der Linie LüttichCharleroi angesetzten Kräfte erzwingen den Übergang über die Maas zwischen Dinant und Sedan (beide einschl.) und öffnen sich den Weg durch die nord­französische Grenzverteidigung in Richtung auf den Unterlauf der Somme.«

 

[10a]

 

Berlin, den 1. 3. 1940

 

Der Führer und Oberste Befehlshaber der Wehrmacht

WFA/Abt. L Nr. 22070/40

g. Kdos. Chefs.

 

Geheime Kommandosache

Chef Sache                             

Nur durch Offizier                      

 

9 Ausfertigungen

1. Ausfertigung

 

Weisung für »Fall Weserübung«

 

1.) Die Entwicklung der Lage in Skandinavien erfordert es, alle Vorbereitungen dafür zu treffen, um mit Teilkräften der Wehrmacht Dänemark und Norwegen zu besetzen (»Fall Weserübung«). Hierdurch soll englischen Übergriffen nach, Skandinavien und der Ostsee vorgebeugt, unsere Erzbasis in Schweden gesichert und für Kriegsmarine und Luftwaffe die Ausgangsstellung gegen England erweitert werden.

Kriegsmarine und Luftwaffe fällt im Rahmen der gegebenen Möglichkeit die Sicherung des Unternehmens gegen das Ein­greifen englischer See und Luftstreitkräfte zu.

Die für »Fall Weserübung« einzusetzenden Kräfte werden im Hinblick auf unsere militärpolitische Stärke gegenüber den nordischen Staaten so schwach als möglich gehalten. Ihre, zahlenmäßige Schwäche muß durch kühnes Handeln und über­raschende Durchführung ausgeglichen werden.

Grundsätzlich ist anzustreben, der Unternehmung den Charakter einer friedlichen Besetzung zu geben, die den bewaffneten Schutz der Neutralität der nordischen Staaten zum Ziel hat. Entsprechende Forderungen werden mit Beginn der Besetzung den Regierungen übermittelt werden. Flotten und Luft­demonstrationen werden erforderlichenfalls den nötigen Nach­druck geben.

Trotzdem auftretender Widerstand ist unter Einsatz aller militärischen Mittel zu brechen.

2.) Mit der Vorbereitung und Führung des Unternehmens gegen Dänemark und Norwegen beauftrage ich den Komman­dierenden General des XXI. A. K., General d. I. v. Falkenhörst (Befehlshaber der »Gruppe XXI«).

Dieser untersteht mir in Führungsfragen unmittelbar. Der Stab ist aus den drei Wehrmachtteilen zu ergänzen.

Die für Fall »Weserübung« zur Verfügung zu stellenden Kräfte werden gesondert befohlen.

Die Seestreitkräfte der Kriegsmarine und die von der Luft­waffe eingesetzten Kräfte bleiben dem Ob. d. M. bezw. Ob. d. L. unterstellt. Sie sind im engen Einvernehmen mit dem Be­fehlshaber der Gruppe XXI einzusetzen. Von dieser Regelung sind bei der Luftwaffe 1 Aufkl. Staffel (F) und 2 mot. gl. FlakAbteilungen ausgenommen, die bis zur erfolgten Besetzung Dänemarks der Gruppe XXI unmittelbar unterstehen.

Die Versorgung der zur Gruppe XXI abgestellten Kräfte ist durch die Wehrmachtteile nach den Anforderungen des Be­fehlshabers sicherzustellen.

3.) Grenzübertritt gegen Dänemark und Landung in Nor­wegen haben gleichzeitig zu erfolgen. Die Unternehmungen sind mit größtem Nachdruck so schnell als möglich vorzubereiten. Falls der Feind die Initiative gegen Norwegen ergreift, müssen eigene Gegenmaßnahmen sofort ausgelöst werden können.

Von größter Bedeutung ist, daß unsere Maßnahmen die nor­dischen Staaten, wie die Westgegner überraschend treffen. Dem haben alle Vorbereitungen, insbesondere die Art der Bereit­stellung des Laderaums und der Truppen, ihre Einweisung und ihre Verladung Rechnung zu tragen. Können Vorbereitungen für die Verschiffung nicht mehr geheimgehalten werden, sind Führern und Truppen andere Ziele vorzutäuschen. Der Truppe dürfen die wahren Ziele erst nach dem Auslaufen bekannt wer­den.

4.) Besetzung Dänemarks (»Weserübung Süd«).

Aufgabe der Gruppe XXI: Überraschende Besetzung von Jütland und Fünen, anschließend Besetzung von Seeland.

Hierzu ist unter Sicherung der wichtigsten Punkte möglichst schnell bis Skagen und bis zur Ostküste von Fünen durch­zustoßen. In Seeland sind als Ausgangsstellungen für die spätere Besetzung frühzeitig Stützpunkte in Besitz zu nehmen.

Die Kriegsmarine stellt Kräfte zur Sicherung der Verbindung Nyborg Korsör und zur raschen Besitznahme der Kleinen BeltBrücke, nötigenfalls auch zu Truppenlandungen, zur Ver­fügung. Sie bereitet ferner die Küstenverteidigung vor.

Von der Luftwaffe sind Fliegerverbände in erster Linie zu Demonstrationszwecken und für Flugblattabwurf vorzusehen.

Die Ausnutzung der dänischen Bodenorganisation sowie Luftverteidigung sind sicherzustellen.

5.) Besetzung Norwegens (»Weserübung Nord«).

Aufgabe der Gruppe XXI: Überraschende Besetzung der wich
tigsten Küstenplätze von See her und durch Luftlandeunter
nehmen.                                                                       

Die Kriegsmarine übernimmt Vorbereitung und Durchführung des Seetransportes der Landungstruppen und der im weiteren Verlauf nach Oslo nachzuführenden Kräfte. Sie sichert den Nachschub auf dem Seewege dorthin. Der beschleunigte Ausbau des Küstenschutzes in Norwegen ist vor zubereiten.

Die Luftwaffe hat nach erfolgter Besetzung die Luftverteidigung sowie die Ausnutzung der norwegischen Basis für die Luftkriegsführung gegen England sicherzustellen.

6.) Gruppe XXI meldet OKW laufend Stand der Vorbereitungen und legt eine zeitlich geordnete Übersicht über der Ablauf der Vorbereitungen vor. Dabei ist die Mindestzeitspanne, die zwischen Befehlsausgabe zum »Fall Weserübung" und der Durchführung liegen muß, anzugeben.

Beabsichtigter Gefechtsstand ist zu melden.

Decknamen: Wesertag = Tag des Unternehmens

Weserzeit = Uhrzeit des Unternehmens.

(gez.) Adolf Hitler
 

Verteiler:

 

Befehlshaber Gruppe XXI 1. Ausf.

Ob. d. H.                             2.  „

Ob. d.M.                             3.  „

Ob. d. L.                             4.  „

OKW.:

Chef WFA                 5.  „

Abt. L                 6. - 9.  „

Ziffer 2 der Weisung wurde durch Deckblatt geändert (OKW/WFA/Abt. L Nr. 2207 t[40 g. K. Chefs, v. 4. März 1940, gez Keitel). SK hatte in der ursprünglichen, am 1. März 1940 herausgegebenen Fassung folgenden Wortlaut:

Mit der Vorbereitung und Führung des Unternehmens gegen Dänemark und Norwegen beauftrage ich den Komman­dierenden General des XXI. A.K., General d. I. v. Falkenhorst (Befehlshaber der »Gruppe XXI«).

Dieser untersteht mir in Führungsfragen unmittelbar. Der Stab ist aus den drei Wehrmachtteilen zu ergänzen.

Die für »Fall Weserübung« zur Verfügung zu stellenden Kräfte werden gesondert befohlen. Über sie darf für andere Kriegsschauplätze nicht verfügt werden.

Die Kräfte der Luftwaffe werden zur Durchführung der »Weserübung« der Gruppe XXI taktisch unterstellt. Sie treten nach Beendigung ihrer Aufgabe unter den Befehl des Ob.d.L. zurück.

Der Einsatz der von Kriegsmarine und Luftwaffe unmittelbar geführten Kräfte hat in engem Einvernehmen mit dem Befehls­haber der Gruppe XXI zu erfolgen.

Die Versorgung der zur Gruppe XXI abgestellten Kräfte ist durch die Wehrmachtteile nach den Anforderungen des Be­fehlshabers sicherzustellen.

 

Berlin, den 2. 4. 40

 

Der Führer und Oberste Befehlshaber   

der Wehrmacht

OKW/WFA Abt. L Nr. 22128/40

g. K. Chefs.

 

Geheime Kommandosache

Chef Sache                                

Nur durch Offizier                       

 

10 Ausfertigungen

1. Ausfertigung

Der Führer und Oberste Befehlshaber der Wehrmacht hat die Durchführung der Weserübung befohlen und auf die be­sondere Bedeutung der Geheimhaltung der kommenden Maßnahmen hingewiesen.

Wesertag ist der 9. 4. 1940

Wesenheit 5.15 Uhr.

I.A.

(gez.) Keitel

Verteiler:

Gruppe XXI         1. Ausf.

Ob. d. H.              2.   „

Ob. d. M.             3.   „

Ob. d. L.              4.   „

OKW:

ChefWFA                5.   „

Abt. L              6.-8.   „

Chef Ausl./Abw.    9.   „

Chef WN V       10.   „