Berlin, den 20.11.1939.

 

Der Oberste Befehlshaber der Wehrmacht

OKW/WFA Nr. 213/39

g. K. Chefs. Abt. L (I)

 

Geheime Kommandosache

Chef Sache

Nur durch Offizier

 

8 Ausfertigungen.

2. Ausfertigung.

 

Weisung Nr. 8 für die Kriegführung

 

1.) Die Bereitschaft, um den eingeleiteten Aufmarsch jederzeit fortsetzen zu können, muß vorläufig aufrecht erhalten bleiben. Nur so ist es möglich, eine günstige Wetterlage sofort auszunutzen. Die Wehrmachtteile treffen Vorbereitungen, daß der Angriff auch dann noch angehalten werden kann, wenn der Befehl hierzu erst am A - 1. Tag 23.00 Uhr bei den Oberkommandos eingeht. An die Oberkommandos wird bis spätestens zu diesem Zeitpunkt Stichwort

„Danzig“ (= Angriff durchführen) oder

„Augsburg“ (= Angriff anhalten) durchgegeben werden.

 

Ob. d. H. und Ob. d. L. werden gebeten, nach Bestimmung des Angriffstages umgehend an OKW/Abt. L die für den Angriffsbeginn im gegenseitigen Benehmen vorgesehene Uhrzeit zu melden.

 

2.) Entgegen der früher erteilten Weisung sind alle gegen Holland beabsichtigten Maßnahmen ohne besonderen Befehl mit dem allgemeinen Angriffsbeginn freigegeben. Die Haltung der holländischen Wehrmacht ist im Voraus nicht zu übersehen. Wo kein Widerstand auftritt, ist dem Einmarsch der Charakter einer friedlichen Besetzung zu geben.

 

3.) Die Operationen zu Lande sind auf der Grundlage der Aufmarschanweisung vom 29.10. zu führen. In Ergänzung hierzu gilt:

 

a) Es sind alle Vorkehrungen zu treffen, um den Schwerpunkt der Operationen rasch von der H.Gr. B zur H.Gr. A zu verlegen, falls dort, wie es die augenblickliche Kräfteverteilung des Gegners vermuten lassen könnte, raschere und größere Erfolge eintreten sollten als bei der H.Gr. B.

 

b) Der holländische Raum, einschließlich der vorgelagerten westfriesischen Inseln, vorerst ohne Texel, ist zunächst bis zur Grebbe-Maas-Linie in Besitz zu nehmen.

 

4.) Der Kriegsmarine sind Sperrmaßnahmen gegen die belgischen und entgegen früheren Anordnungen auch gegen die holländischen Häfen und Fahrwasser für U-Boote in der Nacht vor dem Angriff, für Überwasserstreitkräfte und Flugzeuge von der Angriffszeit des Heeres an freigegeben. Die Zeitspanne zwischen dem Beginn der Sperrtätigkeit und der Angriffszeit zu Lande muß aber auch beim Einsatz der U-Boote so gering als möglich gehalten werden. Kampfmaßnahmen gegen holländische Seestreitkräfte sind erst dann freigegeben, wenn diese eine feindliche Haltung einnehmen. An den zu besetzenden Küstengebieten übernimmt die Kriegsmarine den artilleristischen Küstenschutz gegen Angriffe von See her. Die Vorbereitungen dafür sind zu treffen.

 

5.) Die Aufgaben der Luftwaffe bleiben unverändert. Sie sind durch die vom Führer mündlich erteilten Sonderaufträge für Luftlandung und Unterstützung des Heeres bei der Besitznahme der Brücken westl. Maastricht ergänzt. Die 7. Fl.Div. wird erst dann für das Luftlandeunternehmen eingesetzt werden, wenn der Besitz von Brücken über den Albert-Kanal gesichert ist. Schnellste Übermittlung dieser Meldung ist zwischen Ob.d.H. und Ob.d.L. sicherzustellen. Ortschaften, insbesondere große offene Städte, und die Industrien sind ohne zwingende militärische Gründe weder im holländischen noch im belgisch-luxemburgischen Raum anzugreifen.

 

6.) Grenzsperre:

 

a) Bis zum Beginn des Angriffs ist der Grenz- und Nachrichtenverkehr über die holländische, belgische und luxemburgische Grenze zur Wahrung der Überraschung im bisherigen Umfang aufrecht zu erhalten. Zivilbehörden sind bis zum Angriffsbeginn an den Vorbereitungen für eine Grenzschließung nicht zu beteiligen.

 

b) Mit Beginn des Angriffs ist die Reichsgrenze gegen Holland, Belgien und Luxemburg für jeden nichtmilitärischen Grenz- und Nachrichtenverkehr zu sperren. Die Anordnungen hierfür an die beteiligten militärischen und zivilen Dienststellen gibt der Oberbefehlshaber des Heeres. Die beteiligten Obersten Reichsbehörden werden durch OKW mit Angriffsbeginn davon in Kenntnis gesetzt, daß die Maßnahmen für die Grenzsperre vom Oberbefehlshaber des Heeres - auch an der holländischen Grenze außerhalb des Operationsgebietes - unmittelbar angeordnet werden.

 

c) An den übrigen Reichsgrenzen gegenüber neutralen Staaten treten Einschränkungen im Grenz- und Nachrichtenverkehr nach Angriffsbeginn zunächst nicht ein. Weitere vorbereitete Maßnahmen zur Überwachung des Personen- und Nachrichtenverkehrs werden bei Bedarf in Kraft gesetzt.

 

I.A. Der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht

 

Keitel

 

Verteiler:

OKH 1. Ausf.

OKM 2.

R. d. L. u. Ob. d. L. 3.

OKW:

Chef WFA 4.

L 5.-8.

 


 

Berlin, den 11.12.1939

 

Der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht

Nr. 22231/59

g. Kdos. Chefs. Abt. L (Ib)

 

Geheime Kommandosache

Chef Sache

Nur durch Offizier

 

8 Ausfertigungen

2. Ausfertigung.

 

Betr.: Ergänzung der Weisung Nr. 8 für die Kriegführung.

 

Zu Ziff. 4, 1. Absatz, der Weisung Nr. 8 für die Kriegführung hat der Führer folgende Änderung befohlen:

 

Außer für die U-Boote wird auch für Überwasserstreitkräfte der Einsatz zu den Sperrmaßnahmen gegen die belgischen und holländischen Häfen in der Nacht vor dem Angriff freigegeben. Dabei ist jedoch der Grundsatz zu beachten, daß eine Vorwarnung dieser Länder und damit eine Gefährdung der Überraschung bei den Landoperationen vermieden werden muß. Aus diesem Grunde soll ebenso wie bei den U-Booten die Zeitspanne zwischen dem Beginn der Sperrtätigkeit und dem Angriffsbeginn zu Lande so gering wie möglich gehalten werden. Falls jedoch vorher zu übersehen ist, daß infolge ungünstiger Verhältnisse, wie z. B. helle Mondnacht, der Sperrangriff nicht unbemerkt durchzuführen ist, so hat in diesem Falle der Einsatz der Überwasserstreitkräfte zu unterbleiben. Die Bindung, daß die Sperrangriffe bis 23.00 Uhr der Angriffs-Vornacht angehalten werden können, bleibt bestehen.

 

Ebenfalls ändert sieb nichts an der Bestimmung, daß der Einsatz von Flugzeugen nicht vor der Angriffszeit zu Lande erfolgen darf.

 

Keitel

 

Verteiler:

OKH 1.Ausf.

OKM 2.

R. d. L. u. Ob. d. L. 3.

OKW:

Chef WFA 4.

L 5.-8.