Führerhauptquartier, den 25.9.1939

 

Der Oberste Befehlshaber der Wehrmacht

OKWNr. 205/39

g. Kdos WFA/L I

 

Geheime Kommandosache

Chef Sache

Nur durch Offizier

 

7 Ausfertigungen.

2. Ausfertigung.

 

Weisung Nr. 4 für die Kriegführung

 

1.) Die endgültige politische Gestaltung des ehemaligen polnischen Gebietes zwischen der Demarkationslinie und der Reichsgrenze liegt noch nicht fest. Nach Abschluß der Kämpfe um Warschau und Modlin ist die Demarkationslinie durch Verbände geringerer Kampfkraft weitläufig zu sichern. Die zur baldigen Brechung des zur Zeit noch andauernden polnischen Widerstandes hinter der Demarkationslinie (San - Weichsel -Narew - Pisia) benötigten Kräfte des Heeres und der Luftwaffe sind im Osten zu belassen. Den beabsichtigten Kräfteeinsatz für beide Aufgaben bitte ich mir zu melden.

 

2.) Die Entscheidung, ob Modlin und Warschau westlich der Weichsel vor dem 3.10. durch einen allgemeinen Angriff zu nehmen sind, behalte ich mir je nach dem Ergebnis der Teilangriffe und Zermürbungsaktionen noch vor. Die Vorbereitungen für einen solchen Angriff sind aber zu treffen.

 

3.) Jeder Flüchtlingsstrom von Ost nach West über die Demarkationslinie ist mit Ausnahme Volksdeutscher Elemente und ukrainischer Aktivisten schon jetzt zu unterbinden.

 

4.) Die Entscheidung über die strategische Weiterführung des Krieges wird in kürzester Zeit fallen. Bis dahin dürfen die Maßnahmen der Wehrmachtteile, sowohl auf dem Gebiete der Organisation, wie auf dem der Rüstung, keinem der möglichen Entschlüsse zuwiderlaufen. Die Möglichkeit einer jederzeitigen offensiven Führung des Krieges im Westen muß gewahrt sein. In Ostpreußen müssen genügend Kräfte bereitgehalten werden um Litauen auch im Falle eines bewaffneten Widerstandes rasch in Besitz nehmen zu können.

 

5.) a) Zu Lande bleiben die bisher tut die Kampfführung im Westen gegebenen Weisungen vorläufig in Kraft.

 

b) Zur See ist unter Wegfall der bisherigen Einschränkungen der Handelskrieg nach Prisenordnung gegen Frankreich ebenso wie gegen England zu führen.

 

Ferner sind freigegeben:

 

Der Angriff gegen französische Kriegsschiffe und Kriegsflugzeuge, gegen französische Handelsschiffe im Geleit, gegen alle Truppentransporte; Minenverwendung an der nordfranz. Küste (Einschiffungshäfen). Der Handelskrieg durch Seefliegerverbände nach Prisenordnung. Der Angriff auf ‚Passagierdampfer‘ oder solche größere Dampfer, die offensichtlich neben Handelsware Passagiere im größeren Umfange befördern, hat nach wie vor zu unterbleiben.

 

c) Für die Luftkriegführung im Westen bleiben die bisherigen Einschränkungen bestehen. Überfliegen der Reichsgrenze ist nur zur Nah- und Gefechtsaufklärung sowie zum Angriff gegen feuerleitende Flugzeuge, Fesselballone freigegeben. Ebenso kann die Luftwaffe in der Deutschen Bucht und im Minenwarngebiet West sowie zur unmittelbaren Unterstützung von Seekampfhandlungen mit englischen oder französischen Schiffen eingreifen. Über Freigabe der Fernaufklärung folgt Befehl.

 

6.) Für den U-Bootskrieg dürfen von nun an nur mehr folgende Bezeichnungen gewählt werden: für den U-Bootskrieg nach Prisenordnung - Handelskrieg für den uneingeschränkten U-Bootskrieg - Belagerung Englands zur See.

 

7.) Gegen einwandfrei als bewaffnet erkannte englische Handelsschiffe ist der U-Boot-Angriff ohne vorherige Warnung freigegeben.

 

Adolf Hitler

 

Verteiler:

Ob. d. H. = 1. Ausf.

Ob. d. M. = 2.

Ob. d. L. = 3.

OKW/WFA = 4.

L = 5.-7. Ausf.