Telegramm an Mussolini
3. September 1939
Duce,
Ich danke Ihnen zunächst für Ihren letzten Versuch einer Vermittlung. Ich wäre bereitgewesen, anzunehmen, allerdings nur unter der Voraussetzung, daß sich eine Möglichkeit hatte finden lassen, mir gewisse Garantien zu geben für einen erfolgreichen Verlauf der Konferenz. Denn seit zwei Tagen sind die deutschen Truppen in einem teilweise außerordentlich schnellen Vormarsch in Polen begriffen. Es wäre unmöglich gewesen, die dabei gebrachten Blutopfer sich durch diplomatische Ränke wieder entwerten zu lassen.
Trotzdem glaube ich, daß ein Weg hätte gefunden werden können, wenn nicht England von vornherein entschlossen gewesen wäre, es unter allen Umständen zum Krieg kommen zu lassen. Ich bin vor der englischen Drohung nicht zurückgewichen, weil ich, Duce, nichtmehr daran glaube, daß der Friede länger als ein halbes oder sagen wir ein Jahr hätte aufrecht erhalten werden können. Unter diesen Umständen hielt ich aber den jetzigen Zeitpunkt eines Widerstandes trotz allem für geeigneter. Zur Zeit ist die Überlegenheit der deutschen Wehrmacht in Polen auf allen technischen Gebieten eine so ungeheure, daß die polnische Armee in ganz kurzer Zeit zusammenbrechen wird. Ob dieser schnelle Erfolg in ein oder zwei Jahren auch noch zu erzielen gewesen wäre, glaube ich, bezweifeln zu müssen. England und Frankreich hätten ihre Verbündeten immerhin so weit aufgerüstet, daß die durchschlagende technische Überlegenheit der deutschen Wehrmacht nicht mehr so in Erscheinung hätte treten können. Ich bin mir bewußt, Duce, daß der Kampf, in den ich gehe, ein Kampf auf Leben und Tod ist.
Mein eigenes Schicksal spielt dabei überhaupt keine Rolle Ich bin mir aber weiter bewußt, daß man einem solchen Kampf auf die Dauer nicht ausweichen kann und daß man mit eisiger Überlegung den Augenblick des Widerstandes so wählen muß, daß die Wahrscheinlichkeit des Erfolges gewährleistet ist, und an diesen Erfolg, Duce, glaube ich felsenfest. Sie haben mir freundlicherweise neulich zugesichert, daß Sie auf manchem Gebiete glauben, helfen zu können. Ich nehme dies schon im voraus mit aufrichtigem Dank entgegen.
Ich glaube aber weiter, daß - auch wenn wir jetzt getrennte Wege marschieren - das Schicksal uns noch aneinander binden wird. Sollte das nationalsozialistische Deutschland von den westlichen Demokratien zerstört werden, würde auch das faschistische Italien einer schweren Zukunft entgegengehen. Ich war mir persönlich dieser Verbundenheit der Zukunft unserer beiden Regime stets bewußt, und ich weiß, daß Sie, Duce, genauso denken.
Zur Lage in Polen möchte ich nur kurz bemerken, daß wir natürlich alles Unwichtige liegen lassen, keinen Mann in nebensächlichen Aufgaben verbrauchen, sondern alle unsere Handlungen nur von großen operativen Erwägungen aus leiten lassen. Die im Korridor befindliche polnische Nordarmee ist schon jetzt durch dieses unser Handeln vollkommen eingeriegelt. Sie wird entweder aufgerieben oder sich ergeben. Im übrigen finden alle Operationen planmäßig statt.
Die Tagesleistungen der Truppen stehen weit über allen Erwartungen. Die Herrschaft unserer Luftwaffe ist, obwohl sich kaum ein Drittel in Polen befindet, eine ausschließliche.
Im Westen werde ich mich defensiv verhalten. Frankreich kann hier zunächst sein Blut opfern. Es wird dann der Augenblick kommen, daß wir mit der ganzen Kraft der Nation uns auch dort dem Gegner stellen können. Nehmen Sie nochmals meinen Dank entgegen, Duce, für alle ihre Unterstützungen, die Sie mir in der Vergangenheit gegeben haben und die ich bitte, mir auch in der Zukunft nicht versagen zu wollen.
Adolf Hitler |