Telegramm an Mussolini
26. August 1939
Duce,
Botschafter Attolico übergab meinem Außenminister soeben die Bedürfnisse, die Italien für die Dauer eines Krieges zusätzlich aus Deutschland beanspruchen würde. Diese Bedürfnisse wären in Kohle und Stahl vollkommen zu befriedigen, also 6 Millionen ts Kohle und 2 Millionen ts Stahl. Die Lieferung von 7 Millionen ts Mineralöl würde Deutschland unmöglich sein. Ich kann augenblicklich nicht feststellen, bis zu welcher Höhe wir hier eintreten könnten. 1 Millionen ts Holz wäre Deutschland in der Lage zuliefern. Die Lieferung von 150.000 ts Kupfer wäre unmöglich. Deutschland selbst hat in Voraussehung des Mangels an Kupfer sich schon auf den meisten Gebieten auf Leichtmetall bzw. sonstige Ersatzstoffe umgestellt. Auch die Lieferung von Nickel würde indem geforderten Ausmaß nicht annähernd befriedigt werden können, da die deutsche Industrie sich selbst schon fast vollkommen auf nickelarme oder nickelfreie Stähle umgestellt hat. Unser eigener Bedarf ist deshalb auf diesem Gebiet vollkommen verschwindend.
Grundsätzlich aber würde Deutschland wohl in der Lage sein, bei Überweisung italienischer Arbeiter die bereits auf greifbare Stoffe umgestellte deutsche Munitionserzeugung so zu steigern, daß dadurch ein großer Teil der italienischen Munitionsforderungen gedeckt werden könnte.
An Flakgeschützen würde das Reich in der Lage sein, sofort 30 Batterien zu 4 Geschützen abzustellen; nach Beendigung der polnischen Operationen weitere 30 Batterien und im Verlaufe eines Jahres weitere 30 Batterien, alle mit deutscher Bedienung und deutschen Kommandogeräten.
Kalisalz könnte ohne weiteres geliefert werden. In Bezug auf Sprengstoffe müssen genaue Angaben von mir erst eingeholt werden. Ich halte es aber für wichtig, Duce, Ihnen gleich diese Mitteilung zukommen zu lassen.
Botschafter Attolico teilte auf Grund einer mündlichen Weisung mit, daß alle Stoffe vor Beginn der Feindseligkeiten in Italien sein müßten. Dies, Duce, ist organisatorisch und verkehrstechnisch nicht zu lösen. Was sofort abrücken könnte, wären die 30 schweren Flakbatterien, sämtliche übrigen Transporte müßten in den Rahmen des Gesamtverkehrs eingefädelt werden. Da Botschafter Attolico diese Forderung der sofortigen Lieferung des gesamten Materials vor Kriegsausbruch als das Entscheidende hinstellte, sehe ich damit zu meinem Leidwesen die Erfüllung Ihrer Wünsche, wie schon erwähnt, aus rein organisatorischen und technischen Gründen als nicht möglich an.
Unter diesen Umständen, Duce, begreife ich Ihre Lage und bitte Sie nur, die mir in Aussicht gestellte Bindung englisch-französischer Kräfte durch eine aktive Propaganda und geeignete militärische Demonstrationen herbeiführen zu wollen. Da weder Frankreich noch England im Westen irgendwelche entscheidende Erfolge erzielen können, im Osten aber nach Niederwerfung Polens Deutschland seine gesamten Kräfte durch das Abkommen mit Rußland frei bekommt, und die Luftüberlegenheit eindeutig auf unserer Seite ist, scheue ich mich nicht, auf die Gefahr einer Verwicklung im Westen hin die Frage im Osten zu lösen.
Adolf Hitler
2. Telegramm an Mussolini
26. August 1939 nachts
Duce,
Ich habe die Mitteilung über Ihre endgültige Stellungnahme erhalten. Ich würdige die Gründe und Kräfte, die Sie diesen Entschluß fassen ließen. Unter Umständen kann er sich trotzdem zum Guten auswirken. Die Voraussetzung hierfür ist allerdings meines Erachtens, daß die Welt wenigstens bis zum Ausbruch des Kampfes keine Kenntnis von der beabsichtigten Haltung Italiens erhält. Ich bitte Sie daher herzlich, durch Ihre Presse oder durch andere Mittel meinen Kampf psychologisch zu unterstützen. Ebenso bitte ich Sie, Duce, wenn es Ihnen möglich ist, durch demonstrative militärische Maßnahmen wenigstens England und Frankreich zur Festlegung gewisser Kräfte zu zwingen, oder sie auf alle Fälle in Unsicherheit zu lassen. Das wichtigste aber ist folgendes, Duce: Sollte es - wie gesagt - zum großen Kriege kommen, dann wird, ehe den beiden Westmächten irgendein Erfolg beschieden sein kann, der Fall im Osten entschieden sein.
Ich werde dann noch in diesem Winter, spätestens im Frühjahr, mit Kräften, die Frankreich und England mindestens ebenbürtig sind, im Westen aufmarschieren. Die Blockade wird besonders unter den nunmehr im Osten eingetretenen neuen Umständen sowie dank meiner autarken Vorbereitungen wenig wirksam sein. Ihre Gefahr wird mit der Dauer des Krieges nicht zu-, sondern abnehmen.
Ich habe nun hier eine große Bitte an Sie, Duce. Sie und Ihr Volk könnten mir in diesem schweren Kampf am meisten dadurch helfen, daß Sie mich mit italienischen Arbeitskräften unterstützen, Arbeitskräfte für industrielle sowohl als landwirtschaftliche Zwecke. Sollten Sie sich später durch den Lauf der Ereignisse gezwungen oder in der Lage sehen, doch noch einzugreifen, dann wird ja auch für Sie die weiterverstärkte autarke Basis des Reiches von größter Wichtigkeit sein.
Indem ich Ihnen diese Bitte besonders ans Herz lege, danke ich Ihnen für alle die Bemühungen, die Sie für unsere gemeinsame Sache auf sich genommen haben.
Adolf Hitler |