Telegramm an Reichsinnenminister Wilhelm Freiherr von Gayl

 

17. Juli 1932

 

Heute fand aus Anlaß des Reichstagswahlkampfes in Königsberg eine gewaltige Kundgebung der nationalsozialistischen Bewegung statt. In mustergültiger Ordnung hielt die SA einen Propagandamarsch durch die Stadt ab. Als die Kolonnen bei mir vorbeimarschierten, wurde ich Zeuge so ungeheuerlicher Provokationen von Seiten der Königsberger Polizei, daß nur grenzenlose Disziplin meiner Anhänger eine Katastrophe verhinderte, die in ihren Folgen unabsehbar sein konnte, anscheinend aber von dem verantwortlichen Polizeioffizier Fischer beabsichtigt war.

 

Eine Stunde lang ließ dieser Polizeioffizier berittene Polizei teils vor meinem Wagen, teils vor den Marschkolonnen am Platz des Vorbeimarsches sich herumtreiben, ließ immer wieder in die Kolonnen hineinreiten, und auch als dieses nicht zu dem gewünschten Aufstand führte, rücksichtslos in das Publikum hineinreiten. Als auch dieses nicht fruchtete, erschienen plötzlich sechs schwere Überfallwagen und fuhren nun teils in die Marschkolonnen, teils in die Zuschauer hinein. Ausländische Korrespondenten, die sich neben mir befanden, sind Zeugen eines Vorgangs gewesen, der ebenso unerträglich wie unverantwortlich ist. Ich habe diese übelste Kosakenmethoden übertreffende Betätigung dieses Polizeioffiziers durch zahlreiche Lichtbilder und Filmaufnahmen festhalten lassen. Sie sind ein nicht mehr zu widerlegendes Dokument für die unhaltbaren Zustände, in die die öffentliche Ordnung und Sicherheit durch die derzeitige preußische Regierung und durch die Polizeiorgane gebracht wird.

 

Als ich diesem Polizeimajor Fischer mitteilen ließ, daß ich gegen diesen unerhörten Versuch der Unruhestiftung durch die Polizei mich genötigt bis zum Reichspräsidenten beschwerdeführend wenden würde, gab dieser Herr meinem Gruppenführer von Litzmann im Beisein weiterer SA-Führer folgende Antwort: ‚Sie dürfen sich über unser Benehmen hier nicht wundern, solange in Ostpreußen ein Gauleiter ist, der Koch heißt.’

 

Dieser Polizeioffizier erklärt damit zynisch sein unverantwortliches Verhalten einfach damit, daß die Partei einen politischen Führer besitzt, der ihm persönlich nicht paßt. Da sich diese Zustände jeden Tag wiederholen können, die Gewähr, daß die nutzlos angegriffene Bevölkerung immer dieselbe Disziplin und Zurückhaltung bewahren wird, aber nicht besteht, halte ich bei einer weiteren solchen Einstellung und Betätigung der preußischen Polizei, die nur auf Befehl der derzeitigen Regierung denkbar ist, jederzeit den Ausbruch einer blutigen Katastrophe für möglich. Es ist alleräußerste Zeit, daß von Seiten der Reichsregierung diesem unverantwortlichen Treiben einer auf Tumulte hinsteuernden Polizeipolitik ein Ende bereitet wird.

Adolf Hitler