Brief an Magnus Gött (Pfarrer)

 

4. Februar 1927

 

Sehr geehrter Herr Benefiziat!

 

Ihren Brief, aus dem ich trotz Ihrer Anklage entnehme, daß er aus einem aufrichtig besorgten Herzen kommt, will ich dadurch beantworten, daß ich Sie bitte, die paar kurzen Episteln in den getrennt zugehenden Büchern zu lesen, die meine persönliche und auch die Stellungnahme der Partei zu dem von Ihnen angeführten Problem behandeln. Weiter aber will ich Sie bitten, folgendes zu bedenken: Die katholische Kirche sowohl, als auch die protestantische, mühen sich, unterstützt durch Tausende und Abertausende von Priestern, Jahrzehnt um Jahrzehnt ab, eine Besserung des Menschen im höchsten Sinne des Wortes herbeizuführen. Ein ungeheuerer technischer Apparat, wenn ich mich so ausdrücken darf, gestützt durch die erhabenste Tradition und beseelt von heiligstem Glauben, steht dieser Missionstätigkeit zur Verfügung. In Zehntausenden von Gotteshäusern wird gepredigt und versucht, die Menschen zu bekehren und für ein höheres Leben wert und würdig zu machen. Und dennoch, auch Sie Herr Benefiziat, können das nicht bestreiten, gelingt es selbst dieser ungeheuersten Anstrengung, die wir auf dieser Erde kennen, nur bedingt, eine Besserung der Menschheit in jenem Sinne vorzunehmen, wie er dem erhabenen Gründer unserer Religion einst vor Augen geschwebt hat. Millionen sind nicht gottlos geblieben, sondern gottlos geworden, und in den Großstädten herrscht weniger die Tugend als Untugend und Laster. Könnte man nicht hier nun mit demselben, ja vielleicht mit einem größeren Recht einen Vorwurf gegen die Kirchen erheben, wie Sie ihn, hoc h würdiger Herr, gegen mich und die nationalsozialistische Bewegung aussprechen, weil es ihr auch nicht gelungen ist oder gelingt, ohne weiteres das Ideale zu erreichen, was wünschenswert wäre.

 

Werden Sie, Herr Benefiziat, es billigen, wenn ein gläubiger Christ aus seiner Kirche austritt, weil irgendwo einmal eine Verfehlung eines Priesters schriftlich oder mündlich stattgefunden hat? Oder werden Sie dies nicht auch auf das allgemeine Schuldbuch der menschlichen Unzulänglichkeit schreiben? Werden Sie nicht die Kirche in Schutz nehmen vor Belastungen, die höchstens Mißgriffe oder Irrtümer Einzelner sein können? Ich bitte Sie herzlich, Herr Benefiziat, zu erwägen, wie klein erstens der Apparat ist, über den unsere junge Bewegung verfugt, wie schwach zweitens die Tradition, infolge der Jugend unserer Einrichtung, gegeben erscheint und wie gigantisch demgegenüber der Kampf ist, den sie durchfechten muß. Seien Sie überzeugt, daß ich persönlich und mit mir alle in unserer Idee vollständig Aufgegangenen jede Entgleisung auf das Schmerzlichste bedauern. Allein ich bitte Sie, bei einer Verurteilung unserer Bewegung aus solchen Entgleisungen heraus zu bedenken, daß Petrus einst ehe der Hahn noch zweimal gekräht hatte, den Herrn dreimal verriet und später dennoch zum Fels wurde jener Kirche, der Sie Herr Benefiziat und ich die Ehre haben anzugehören. Ich bitte Sie weiter zu bedenken, daß es die Aufgabe meiner Bewegung nicht ist, treue und ergebene Christen zu sammeln, sondern alle jene Elemente der Nation und ihrer geistigen und moralischen Kultur wiederzugewinnen, die sie schon verloren hatte. Bedenken Sie, daß aber das Zusammenschweißen einer Vielheit von Menschen aus so heterogenen Lagern des Lebens einen Prozeß darstellt, der Jahrzehnte erfordert, der aber unternommen werden muß, auch wenn sich in ihm einzelne Reibungsflächen und Schwierigkeiten ergeben. Glauben Sie mir, Herr Benefiziat, es ist leichter, in einem einheitlichen frommen Lande zu predigen, als unter Wölfe zu gehen, wenn man die Absicht hat. sie wieder zu Menschen umzuwandeln.

 

Es mag für viele ein schweres inneres Ringen sein, dem bisherigen Lebenskampf und den dabei zugrunde liegenden Anschauungen zu entsagen, und es mag manchesmal vorkommen, daß frühere Anschauungen wieder lebendig werden und Worte oder Taten bestimmen. Man kann dies dann bedauern, aber verurteilen darf man es nur, soweit der einzelne Teil in Frage kommt und nicht im Hinblick auf das ganze Werk und dessen Ringen. Denn wenn Sie von dieser Warte aus solche Vorgänge beurteilen, dann werden Sie trotz allem zugestehen müssen, daß der Kampf, den die national-sozialistische Bewegung führt, heute ein wahrer Kreuzzug ist für das Christentum des Herrn, in höchstem und edelsten Sinne genommen. Und wenn sich unter einer solchen Kämpferschar auch manchesmal ein Petrus befindet, dann bitte lassen Sie jene Gnade vor Recht ergehen, die die Voraussetzung bleibt zum Verstehen der Menschen und die der Größte unter ihnen selbst einst geboten hat.

 

Indem ich Sie herzlichst bitte, diese Zeilen gütigst lesen zu wollen und Ihnen dafür danke, bin ich Ihr sehr ergebener:

Adolf Hitler