„Denkschrift über die inneren Gründe für die Verfügungen zur Herstellung

einer erhöhten Schlagkraft der Bewegung“

 

 

I. Teil

 

Das Fundament der politischen Organisation ist die Treue. In ihr offenbart sich als edelster Gefühlsausdruck die Erkenntnis der Notwendigkeit des Gehorsams als Voraussetzung für den Aufbau jeder menschlichen Gemeinschaft. Die Treue in Gehorsam kann niemals ersetzt werden durch formale technische Maßnahmen und Einrichtungen, gleich welcher Art. Der Zweck der politischen Organisation ist die Ermöglichung weitester Verbreitung einer für die Lebensbehauptung der Nation als notwendig angesehenen Erkenntnis sowie des ihr dienenden Willens. Der Endzweck ist damit die Erfassung der Nation für diese Idee.

 

Der Sieg der nationalsozialistischen Idee ist das Ziel unseres Kampfes. Die Organisation unserer Partei ein Mittel zur Erreichung dieses Ziels. Die Organisation kann daher nur dann richtig sein, wenn sie für diese Aufgabe geeignet ist. Da die Aufgabe der Organisation darin besteht, zwischen Erkenntnis und Willen einerseits und der Masse des Volkes andererseits eine verbindende Beziehung herzustellen, wird sie dieser ihrer Aufgabe um so mehr entsprechen, je weniger sie dabei selbst an Kraft verbraucht. Die kürzeste Leitung ist organisatorisch die beste.

 

Es ist auch ein Irrtum anzunehmen, die Organisation wäre um so besser, je umfangreicher und gegliederter ihr Apparat in Erscheinung tritt. Das Gegenteil ist richtig. Der Idealzustand wäre, ohne organisatorische Zwischenleitung ausschließlich von einem Erkenntnis- und Willensträger aus die Nation unmittelbar zu erfassen. Leider ist dies unmöglich.

 

Daraus ergibt sich:

 

Man organisiere nicht mechanisch, was man organisieren kann, sondern nur, was man organisieren muß! Es ist ja endlich die Aufgabe der Organisation, Menschen mit gleichen Lebensinteressen zu gleichem und einheitlichem Handeln zusammenzuschließen. Da die Menschen im Durchschnitt wohl ein verschwommenes gemeinsames Ziel empfinden, selten aber in einheitlicher Auffassung den richtigen Weg hierzu erkennen, übergeht die Organisation notwendig bis zu einem gewissen Ausmaße stets die Individualität der Einzelperson. Damit wird wohl einerseits die zu großen Kraftleistungen notwendige Zusammenfassung der Individuen ermöglicht, dafür aber andererseits die freie Selbständigkeit, das individuelle Ausleben und Auswirken der Fähigkeiten der einzelnen bis zu einem gewissen Grade gehemmt. Eine Weltanschauung benötigt zu ihrer Verbreitung keine Beamten, sondern fanatische Apostel. Es ist daher ein Gebot der Klugheit, den Zwang der Organisation nur auf das unbedingt Erforderliche auszudehnen, dort unerbittlich hart zu sein, im übrigen der individuellen Fähigkeit einen möglichst großen Spielraum zu belassen.

 

Weiter ist zu bedenken, daß jeder zu umfangreiche Organisationsapparat in sich nicht nur die Gefahr birgt, die von ihm nach unten vermittelte Erkenntnis zu schwächen, sondern überhaupt einen großen Teil der Aktivität, sowohl der Führung als auch der Masse, im Getriebe des eigenen Räderwerks zu verbrauchen. Jede Übersetzung einer Kraft verschleißt Kraft. Deshalb ist auch derjenige Organisationsapparat der beste, der auf kürzestem Wege dank weniger Zwischenschaltungen die Erkenntnis und den Willen einer Führung der Masse vermittelt, umgekehrt dann ebenso das erweckte Gefühl und die rückströmende Kraft des Volkes der Führung zuleitet.

 

Also nicht Mobilisierung der nationalen Kraft zur Erhaltung eines Organisationsapparates, sondern umgekehrt Schaffung und Lebendigerhaltung der Organisation zur Erweckung der nationalen Kraft. Weltanschauungen benötigen genauso wie Religionen zu ihrer Verwirklichung bestimmte geeignete Organisationen. Solange diese ihren Ideen dienen, treten sie erobernd auf Sowie sich aber die Organisationen über die Ideen erheben, werden diese damit zunächst steril und endlich zerstört. Da es nun die Aufgabe der Nationalsozialistischen Partei ist, durch ihre Organisation die Verwirklichung der nationalsozialistischen Idee zu ermöglichen, ist sie dann richtig organisiert, wenn sie sich davor hütet, in der Organisation den Selbstzweck zu sehen. Von diesem Gesichtspunkte aus sind daher alle ihre Einrichtungen zu messen und zu prüfen.

 

Daß die Partei dabei in ihrer Organisation die für die gesamte Staatsführung als richtig erkannten Grundsätze selbst anwendet und zur Durchführung bringt, ist natürlich. Denn sie will ja bewußt in ihrer eigenen Organisation als Mittel zum Zweck das zum Ausdruck und zur Verwirklichung bringen, was nach unserer Überzeugung einst die gesamte Staatsauffassung beherrschen soll. Sie kann dies um so eher, als sie ja auch im Staate keinen Selbstzweck sieht, sondern nur eine Institution, die der Erhaltung und Lebensfortführung eines Volkes zu dienen hat.

 

Aus dem oben Gesagten ergeben sich aber nicht nur die Aufgaben, sondern auch die Formen unserer Parteiorganisation.

 

a.) Die Partei soll die Verbreitung der Idee ermöglichen. Dies ist ihre oberste und erhabenste Mission. Sie muß daher auch immer wieder zurückfinden zu dieser größten und ersten Aufgabe, Propaganda-Einrichtung und -Instrument zu sein für unsere Weltanschauung, für unsere nationalsozialistische Idee. Sie muß von Zeit zu Zeit ihre Organisation durchprüfen, inwieweit sie dieser Aufgabe noch genügen kann oder inwieweit sie sich von ihr entfernt hat. Sowie der Apparat der Bewegung durch seine Entwicklung oder Umständlichkeit dieser Mission entfremdet wird oder seinen Zweck gar nur mehr in der Selbsterhaltung sieht, ist er für die Idee ein Ballast und wirkt damit schädlich.

 

b.) Die Organisation der Partei hat weiter dem propagandistischen Kampf die finanziellen Voraussetzungen und die physische Unterstützung zu sichern.

 

Diese Aufgabenstellung erklärt im wesentlichen den Aufbau unserer Partei-Organisation.

 

Es liegt dem Deutschen, nur zu leicht in den Fehler zu verfallen, in der Organisation einer Bewegung ein Feld für ebenso pedantische wie mechanische Arbeiten zu sehen. In emsigem Fleiße werden solche Organisationsgebilde dann auf- und ausgebaut, so sorgfältig und so lange, bis endlich die ganze Aufmerksamkeit und damit leider auch die ganze Kraft der Erhaltung der Organisation an sich dient. Dies wäre das Ende vernünftiger, lebendiger Arbeit. An ihre Stelle tritt der allen Deutschen wohlbekannte Papierkrieg. Es ist daher immer nötig, von Zeit zu Zeit eine Organisation auf ihre natürlichen Aufgaben hin zu untersuchen, sie durchzukämmen und von allem zu befreien, was sie in der Erfüllung ihrer wirklichen Mission belastet. Der Aufbau der nationalsozialistischen Partei-Organisation war vom Anfang an der folgerichtigste aller bekannten neueren Parteigründungen.

 

Der Grundgedanke war:

 

Nicht von oben eine schematische Funktionärs-Organisation aufzuziehen, sondern allmählich von unten einen Führungsapparat aufzubauen! Während bei allen sonstigen neueren Parteigründungen in Deutschland auf dem Reißbrett das Schema einer politischen Organisation entworfen und mit der Stellenbesetzung von oben begonnen wurde, begann die nationalsozialistische Bewegung von unten mit der Eroberung kleinster Stützpunkte.

 

Die Organisation von oben herunter zwingt nämlich, bei der Besetzung der schematisch geschaffenen Dienststellen nach Männern zu greifen, die ihre Fähigkeit und Eignung für solche Aufgaben nicht im geringsten erprobt oder gar nachgewiesen haben. Es ist leichter, Reflektanten für 30 Gauleiter-, 500 Bezirksführerstellen oder gar 1.000 Abgeordnetensitze zu erhalten, als 10 tüchtige Ortsgruppenführer zu finden. Aber alle Postenjäger, die ja erfahrungsgemäß nicht höchstbefähigte, sondern im Gegenteil oft sogar sehr minderwertige Elemente darstellen, werden, sobald sie einmal in hohen Organisationsstellen sitzen, bei ihrer weiteren Tätigkeit nur mehr von einem Gedanken geleitet, nämlich der Furcht vor dem Talent oder gar dem Genie, das unter ihnen emporsteigen könnte. Diese von oben her eingesetzte Mittelmäßigkeit wird daher nicht nur keine Talente mehr fördern, sondern sie im Gegenteil restlos zu ersticken suchen. Damit aber muß jede Organisation, die einen solchen Anfang nimmt, an allgemeiner Minderwertigkeit der Gesamtführung dahinkranken, entarten und endlich zerfallen.

 

Die nationalsozialistische Bewegung muß demgegenüber unentwegt von dem Prinzip ausgehen, wenn irgend angängig, Organisationsstellen höherer Art überhaupt nur dann zu schaffen, wenn sich aus der vorliegenden, niederen praktischen Arbeit schon der für höheres Wirken befähigte Kopf gezeigt hat. Im reinen Propaganda- und Organisationsdienst der Bewegung sollen an führende Stellen daher nur solche Männer kommen, die sich im Kampf an der Front bewährt haben.

 

Über die Personalpolitik der Organisation ist daher Folgendes zu sagen:

 

Niemals wird sich in einer Organisation, die weltanschaulich angreift, eine vollständige Gleichwertigkeit des Führermaterials erzielen lassen. Militärische Auffassungen sind hier nicht anwendbar. Je höher die Leistungsfähigkeit der einzelnen Führer ist, um so größer werden die Unterschiede untereinander sein. Dies ergibt Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit, muß aber in Kauf genommen werden. Entscheidend bleibt immer, daß die Grundsätze der bedingungslosen Parteidisziplin davon nicht berührt werden.

 

Die Differenz, die man zwischen den Fähigkeiten der einzelnen Parteifunktionäre feststellen wird, verleitet nur zu leicht zu dem Glauben, daß man mindere Leistungen durch ständige Bevormundung würde beheben können. Dies ist ein Trugschluß. Richtig ist: Wenn ein befähigterer Kopf zur Verfügung steht, dann diesen mit der Aufgabe selbst zu betrauen. Dauernde Überwachungen verletzen ebenso das Ehrgefühl, wie sie der Verantwortungsfreudigkeit abträglich sind. Insbesondere darf niemals wegen Fehler einzelner eine dauernde Überwachung aller erfolgen. Dies bedeutet tatsächlich eine Degradierung des Tüchtigen auf das Niveau des Untüchtigen. Jede Dienststelle soll nur einer ihr organisch vorgesetzten Stelle gegenüber verantwortlich sein. Besondere Kontrollen und Überwachungen dürfen nur kommissarischen, d. h. vorübergehenden Charakter besitzen.

 

Dauernde Überwachungen zerstören langsam die Autorität jeder Dienststelle. Dies ist besonders gefährlich, wenn es sich dabei um die nach dem Führer in erster Linie in Erscheinung tretenden Amtsträger der Partei handelt. Der Gauleiter ist in seinem Bereich der Repräsentant der Bewegung. Er wird dieser Aufgabe um so mehr nachkommen können, je mehr in der Organisation selbst die Bedeutung seiner Stellung zum Ausdruck kommt. Er soll aber weiter durch seine enge Verwurzelung mit seinem Organisationsgebiet auch in kritischen Zeiten die Bewegung in der Hand behalten. Es soll daher ein Eingriff in seinen Gau durch einen kommissarisch Bevollmächtigten der Reichsleitung nur dann vorgenommen werden, wenn ein ganz bestimmter Anlaß dazu vorliegt. Es kann gewiß zweckmäßig sein, schon vorher die für solche kommissarische Aufgaben in Aussicht genommenen Amtswalter und die ihnen hierbei zugedachten Gebiete festzulegen. Sollte sich die Unmöglichkeit einer befriedigenden Leitung eines Gaues unter einer bestimmten Persönlichkeit eindeutig ergeben haben, dann ist ein solcher Gau entweder vorübergehend kommissarisch zu verwalten, bis die Fehler behoben sind, beziehungsweise eine bessere, weil geeignetere Persönlichkeit gefunden ist. Ist dies nicht möglich, dann muß ein solcher Gau endgültig einem besser geführten angegliedert oder mit ihm zusammengelegt werden. Kommissare oder Inspekteure sollen aber, wenn irgend möglich, immer selbst als Gauleiter in der Front der Bewegung verankert sein.

 

Was die Gliederung besonders des zentralen Organisationsapparates der Bewegung betrifft, so ist künftig mehr als bisher noch darauf zu sehen, daß Unwesentliches grundsätzlich ferngehalten wird. Die Partei befindet sich heute im schwersten Weltanschauungskampf. Alle ihre Einrichtungen haben irgendwie der Propaganda der Ideen zu dienen. Wissenschaftliche Forschungsinstitute auf mehr oder weniger abseits liegenden Gebieten gehören nicht in den politischen Organisationsapparat. Ebenso wirkt es verwirrend, wenn die Grenzen der Zuständigkeiten entweder unklar oder unlogisch gezogen sind. Es ist hierbei zweckmäßig, schon von Anbeginn den Blick in die Zukunft zu richten. Im nationalsozialistischen Staat wird zum Beispiel die Erziehung des Bürgers schon von der Volksschule an bis hinauf zur politischen Schulung des Erwachsenen eine einheitliche sein. Es ist daher folgerichtig, in der Bewegung dieselbe Einheitlichkeit schon heute organisatorisch auszudrücken. Der agrarpolitische Apparat der Partei ist seiner Größe und vor allem seinem ganzen Wesen nach als selbständige Organisation aus dem Rahmen der Organisationsabteilung zu nehmen und direkt der Führung zu unterstellen. Die Innerpolitische Abteilung gehört ihrem Wesen nach zur Rechtsabteilung.

 

Die Wirtschaftspolitische Abteilung kann sinngemäß nur der Beratung aller Parteiinstanzen dienen, unter gleichzeitiger Überwachung aller grundsätzlichen wirtschaftspolitischen Verlautbarungen innerhalb der Partei.

 

München, den 15. Dezember 1932

gez.: Adolf Hitler

Für die Richtigkeit: Rudolf Heß