Weisung Nr. 58 für die Kriegführung
Führerhauptquartier, den 19.7.1944
Der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht WFSt/Qu. 2/Verw. 1/ Nr. 007715 /44 g.Kos.
Befehl des Chefs OKW betr. Vorbereitungen für die Verteidigung des Reichs
Betr.: Vorbereitungen für die Verteidigung des Reiches. Die bisherigen Anordnungen über Vorbereitungen für die Verteidigung der Küsten und Grenzen des Reichs werden nachstehend zusammengefaßt und ergänzt. Als Grundsatz hat zu gelten, daß die Dienststellen der Wehrmacht sich bei diesen Vorbereitungen ausschließlich auf die rein militärischen Aufgaben zu beschränken haben, während z. B. die Mobilisierung aller Kräfte im Heimatkriegsgebiet, die Menschenführung, insbesondere auch Maßnahmen zur Evakuierung der deutschen Zivilbevölkerung allein Aufgabe der Partei sind. Entsprechende Maßnahmen auf wirtschaftlichem Gebiet fallen den verantwortlichen Obersten Reichsbehörden zu. Die notwendige Zusammenarbeit ist, losgelöst von allen Zuständigkeitsfragen, allein unter dem Gesichtspunkt der höchsten Nutzleistung zu betreiben. I.. Befehlsgliederung 1. Die Vorbereitung der Verteidigung des Heimatkriegsgebiets ist hinsichtlich der Maßnahmen des Heeres und allgemeiner Wehrmachtangelegenheiten Aufgabe des Chefs H.Rüst. und B.d.E. und nach seinen Weisungen der Wehrkreisbefehlshaber, für den Bereich von Kriegsmarine und Luftwaffe Aufgabe des Ob.d.M. bzw. des Ob.d.L. 2. Richtlinien grundsätzlicher Art zur Vorbereitung der Reichsverteidigung ergehen durch OKW/WFSt., zusätzliche Weisungen in allgemeinen Wehrmachtangelegenheiten durch die Dienststellen des OKW, Richtlinien für das Gebiet der Versorgungsführung durch Gen.St.d.H./Gen.Qu. 3. Die Verantwortlichkeit der Kommandierenden Admirale für Vorbereitung und Durchführung der Verteidigung der Küsten gegen feindliche Landeunternehmen gemäß Weisung 40 (Anmerkung 1) bleibt in vollem Umfang bestehen. 4. Die Anordnungen über a) Bekämpfung von Fallschirmjägern und Luftlandetruppen im Heimatkriegsgebiet (Anmerkung 2), b)Bekämpfung einzelner Fallschirmspringer (Anmerkung 3), c) Bekämpfung von Luft- und Flußminen in den Reichswasserstraßen (Anmerkung 4), d)Schutz militärischer und kriegswichtiger Bauten und Anlagen (Anmerkung 5) gelten weiterhin. 5. Soweit Kampfhandlungen in Teile von Wehrkreisen übergreifen, wird durch Einzelbefehl festgelegt werden, welcher Bereich in allen Fragen der Kampfführung zu Lande aus der Unterstellung unter Chef H.Rüst. und B.d.E. ausscheidet und Dienststellen des Feldheeres unterstellt wird. Derartige Anordnungen sind bereits für das Generalgouvernement und den Wehrkreis I ergangen. 6. Die Verteidigung des Heimatkriegsgebiets stützt sich auf die Bereitschaft aller Kreise der Bevölkerung, die in den Reichsgauen in den Gauleitern und Reichsverteidigungskommissaren ihre Spitze findet. Diese sind durch Rundschreiben des Leiters der Partei-Kanzlei auf ihre besonderen Aufgaben im Rahmen der Reichsverteidigung hingewiesen (Anmerkung 6). Die Wehrkreisbefehlshaber haben die Initiative der Gauleiter und Reichsverteidigungskommissare in jeder Weise zu unterstützen und zu fördern, in engstem Einvernehmen mit ihnen die für den Befehlsbereich der Wehrmacht zu treffenden Maßnahmen mit den zivilen Dienststellen abzustimmen, gemeinsame Maßnahmen kalendermäßig vorzubereiten und alle Beteiligten über getroffene Anordnungen der Wehrmacht rechtzeitig zu unterrichten. II. Aufgaben In die vorbereitenden Maßnahmen zur Verteidigung des Heimatkriegsgebiets sind durch die Wehrkreisbefehlshaber alle in ihrem Befehlsbereich liegenden Kommandobehörden, Truppen, Dienststellen und Einrichtungen der Wehrmacht und der Waffen-SS sowie die von den Gauleitern und den Höheren SS-und Polizeiführern zur Verfügung gestellten zusätzlichen Kräfte einzubeziehen; Kommandobehörden, Truppen, Dienststellen und Einrichtungen der Kriegsmarine und Luftwaffe jedoch nur insoweit, als dadurch die Erfüllung ihrer eigenen Aufgaben (Ziff. I, 1) nicht beeinträchtigt wird. Die Aufgaben umfassen im wesentlichen: 1. Übersicht über Unterbringung, Stärke, Beweglichkeit und Bewaffnung der zum militärischen Einsatz zur Verfügung stehenden Kräfte. 2. Pläne für Zusammenfassung dieser Kräfte, Befehlsgliederung, Alarmplan, Ausstattungsplan, Transportplan. 3. Pläne für Heranziehung und Ausbildung der durch die Hoheitsträger der Partei zur Verfügung gestellten Reserven an zivilen deutschen Kräften. Die hierzu bisher für die Küsten und für die besetzten Gebiete geltenden Anordnungen werden auf das gesamte Heimatkriegsgebiet ausgedehnt (Anmerkung 7). 4. Freistellung führender Kräfte von Partei und Staat vom Wehrdienst in Zusammenarbeit mit dem Gauleiter und Reichsverteidigungskommissar. 5. Vorbereitungen für Einweisung in vorgesehene Befestigungsarbeiten sowie in sonstige Verteidigungs- und erste Kampfaufgaben. Bei Anlage von Befestigungen sind die Wehrkreisbefehlshaber verantwortlich für Linienführung, Einweisung und Art des Ausbaues. Durchführung der Bauten wird im allgemeinen den Reichsverteidigungskommissaren als Gauleitern zu überlassen sein. 6. a) Vorbereitungen für Rückführung der Kriegsgefangenen in Zusammenarbeit mit den Reichsverteidigungskommissaren. b) Unterrichtung über die Maßnahmen zur Rückführung der ausländischen Arbeiter, die Aufgabe des Reichsführers SS ist. c) Unterrichtung über die allein vom Gauleiter vorzubereitenden Maßnahmen zur Evakuierung der deutschen Zivilbevölkerung. 7. a) Vorbereitung von Auflockerungs-, Räumungs-, Lähmungs- und Zerstörungsmaßnahmen im militärischen Bereich. b) Auf Aufforderung der Reichsverteidigungskommissare Zusammenarbeit mit diesen in der kalendermäßigen Vorbereitung von Auflockerungs-, Rückführungs-, Lähmungs- und Zerstörungsmaßnahmen im zivilen Bereich, die Aufgaben der Reichsverteidigungskommissare nach den Weisungen der Obersten Reichsbehörden sind, sowie Vorbereitung der Unterstützung der Reichsverteidigungskommissare bei etwaiger späterer Durchführung derartiger Maßnahmen. 8. Unterrichtung der Reichsverteidigungskommissare und der Hoheitsträger der Partei - in den unmittelbar bedrohten Gauen bis zum Kreisleiter abwärts - über den Stand der militärischen Vorbereitungen und gegebenenfalls die militärische Lage. 9. Vorbereitungen auf dem Versorgungsgebiet. III. Ergänzende Bestimmungen 1. Vorstehende Richtlinien können nur als Anhalt gelten. In jedem Falle sind aber die Vorbereitungen auf den engsten Personenkreis zu beschränken, um jede unnötige Erregung in der Bevölkerung auszuschließen. Lassen sich Vorbereitungen dieser Art ohne unerwünschte Auswirkung auf die Bevölkerung nicht durchführen, so sind sie zunächst zu unterlassen. 2. Die erforderlichen Durchführungsbestimmungen sind durch die jeweils verantwortlichen obersten Kommandobehörden zu erlassen. Soweit diese Bestimmungen Richtlinien von grundsätzlicher Bedeutung enthalten, sind sie vor Erlaß dem OKW/WFStab vorzulegen. 3. Die Bestimmungen dieses Befehls gelten sinngemäß für die Vorbereitung der Verteidigung der Operationszonen Alpenvorland und Adriatisches Küstenland mit der Maßgabe, daß diejenigen Aufgaben, deren Erfüllung im Heimatkriegsgebiet den Wehrkreisbefehlshabern obliegt, in den Operationszonen durch den Befehlshaber in der Operationszone Alpenvorland bzw. den Befehlshaber in der Operationszone Adriatisches Küstenland nach den Weisungen des Ob. Südwest wahrzunehmen sind. gez.: Keitel |