Führerhauptquartier, den 30. 7. 1941

 

Der Führer und Oberste Befehlshaber

der Wehrmacht

OKW/WFSt/Abt. L (I Op.)

441298/41 g. K. Chefs.

 

Geheime Kommandosache

Chefsache!

Nur durch Offizier!

 

14 Ausfertigungen

2. Ausfertigung

 

 

Weisung Nr. 34 für die Kriegführung

Die Entwicklung der Lage in den letzten Tagen, das Auf­treten starker feindlicher Kräfte vor der Front und in den Flanken der Heeresgruppe Mitte, die Versorgungslage und die Notwendigkeit, den Panzergruppen 2 und 3 etwa 10 Tage Zeit zur Auffrischung ihrer Verbände zu geben, zwingen dazu, die in der Weisung 33 vom 19. 7. und der Ergänzung hierzu vom 23. 7. gestellten weitergehenden Aufträge und Ziele vorerst zurückzustellen.

Ich befehle daher:

I .)

1.) Im Nordteil der Ostfront ist der Angriff mit Schwerpunkt zwischen Ilmensee und Narva in Richtung Leningrad fortzusetzen mit dem Ziel, Leningrad einzuschließen und die Verbindung mit der finnischen Armee herzustellen.

Dieser Angriff ist nördlich des Ilmensees am Wolchow-Abschnitt abzuschirmen, südlich des Ilmensees nur soweit nach Nordosten weiterzuführen, als es die Sicherung der rechten Flanke des Angriffes nördlich des Ilmensees erfordert. Die Lage bei Welikije-Luki ist vorher zu bereinigen. Alle für diese Aufgabe nicht benötigten Kräfte sind dem Angriffsflügel nördlich des Ilmensees zuzuführen. Der beabsichtigte Vorstoß der Pz.Gr. 3 auf die Höhen von Waldaj unterbleibt, bis die volle Verwendungsbereitschaft der Panzerverbände wieder erreicht ist. An dessen Stelle muß aber der linke Flügel der Heeresgruppe Mitte soweit nach Nordosten vorgeschoben werden, als es die Flankensicherung für den rechten Flügel der Heeresgruppe Nord erfordert.

Estland ist mit allen Kräften der 18. Armee zunächst zu säubern, erst dann können Divisionen in Richtung auf Leningrad nachgeführt werden.

2.) Die Heeresgruppe Mitte geht unter Ausnützung günstiger Geländeabschnitte zur Verteidigung über.

Soweit es für die spätere Angriffsoperation gegen die sowjet­russische 21. Armee erforderlich ist, günstige Ausgangsstellungen zu gewinnen, können Angriffe mit beschränktem Ziel noch geführt werden.

Im übrigen sind die Panzergruppen 2 und 3, sobald es die Lage erlaubt, aus der Front zu ziehen und beschleunigt aufzufrischen.

3.) An der Südostfront sind die Operationen zunächst mit den Kräften der Heeresgruppe Süd allein weiter zu führen.

Ihr Ziel muß sein, die starken feindl. Kräfte westl. des Dnjepr zu vernichten und im übrigen durch die Gewinnung von Brückenköpfen bei Kiew und südl. die Voraussetzungen für das spätere Nachziehen der Pz.Gr. 1 auf das östliche Dnjepr-Ufer zu schaffen.

Die im Sumpfgebiet nordwestlich Kiew kämpfende rote 5. Armee muß westlich des Dnjepr zum Kampf gestellt und vernichtet werden. Der Gefahr, daß sie über den Pripet nach Norden durchbricht, muß rechtzeitig vorgebeugt werden.

4.) Finnische Front:

Der Angriff in Richtung Kandalakscha ist einzustellen. Beim Gebirgs-Korps sind die Flankenbedrohungen aus der Motowski-Bucht zu beseitigen, beim H. Kdo. XXXVI. nur soviel Kräfte zu belassen, als zur Verteidigung und zum Vortäuschen weiterer Angriffsvorbereitungen nötig sind.

Die Durchtrennung der Murmanbahn ist nunmehr beim III. (finn.) A. K., vor allem in Richtung Louhi, anzustreben; alle für diesen Angriff geeigneten Kräfte sind dorthin zu überführen, darüber hinaus verfügbare Teile an die Karelische Armee abzugeben. Sollte sich der Angriff auch beim III. (finn.) A. K. angesichts der Geländeschwierigkeiten festlaufen, so sind die deutschen Kräfte herauszuziehen und der Karelischen Armee zuzuführen. Dies gilt vor allem für bewegliche Teile, Kampfwagen und schwere Artillerie.

Die 6. Geb. Div. ist unter Ausnutzung aller verfügbaren Transportwege dem Gebirgs-Korps zuzuführen. Ob auch der Eisenbahnweg über Schweden nach Narwik in Frage kommt, wird durch das Auswärtige Amt geklärt.

II.) Luftwaffe:

1.) Nordostfront:

Die Luftwaffe verlegt Schwerpunkt der Luftangriffsführung an die Nordostfront durch Zuführung der Masse des VIII. Flieger-Korps zur Luftflotte 1. Die Verstärkungen sind so rechtzeitig zuzuführen, daß sie für den Angriffsbeginn der Heeresgruppe Nord am Schwerpunkt (6.8. früh) zum Ansatz gebracht werden können.

2.) Mitte:

Aufgabe der bei Heeresgruppe Mitte verbleibenden Luftwaffenteile ist es, den unbedingt notwendigen Jagdschutz vor der Front der 2. und 9. Armee sicherzustellen und evtl. Teilangriffe zu unterstützen. Die Angriffe gegen Moskau sind fortzusetzen.

3.) Südostfront:

Aufgaben wie bisher. Eine Verminderung der bei Heeres­gruppe Süd eingesetzten Luftwaffenkräfte ist nicht vorzusehen.

4.) Finnland:

Hauptaufgabe der Luftflotte 5 ist die Unterstützung des Gebirgs-Korps. Daneben ist der Angriff des III. finn. A. K. an aussichtsreicher Stelle zu unterstützen.

Für einen etwa notwendigen Einsatz von Kräften zur Unter­stützung der Karelischen Armee sind die erforderlichen Vorbereitungen zu treffen.

(gez.) Adolf Hitler

 

Verteiler:

Ob. d. H. (Op. Abt.)           1. Ausf.

Ob. d. M. (Ski.)                  2. Ausf.

Ob. d. L. (LwFüSt.)            3. Ausf.

AOK Norwegen im Auszug als Fernschreiben

OKW:

WFSt.                       4. Ausf.

Abt. L           5 .-10. Ausf.

WNV                 11. Ausf.

Ausl./Abw.              12. Ausf.

Abt. Ausl.           13. Ausf.

Wehrm. Trsp. Chef  14. Ausf.

 

 

[34a]

 

Führerhauptquartier, den 12. 8. 41

 

Oberkommando der Wehrmacht

Nr. 441376/41 gK. Chefs.

WFSt/Abt. L (I Op.)

 

Geheime Kommandosache

Chef Sache

Nur durch Offizier

 

14 Ausfertigungen

2. Ausfertigung

 

Ergänzung der Weisung 34

Der Führer hat für die Weiterführung der Operationen als Ergänzung der Weisung 34 folgendes befohlen:

1.) Südostfront:

Durch die Vernichtungsschlacht von Uman hat sich die Heeresgruppe Süd endgültig die Überlegenheit über den Feind und die Bewegungsfreiheit für weitreichende Operationen Jenseits des Dnjepr erkämpft. Sobald sie ostwärts des Flusses festen Fuß gefaßt und ihre rückwärtigen Verbindungen gesichert hat, ist sie dann stark genug, um unter entsprechendem Einsatz der verbündeten Kräfte und Mitwirkung des rumänischen Heeres aus eigener Kraft die ihr zufallenden weitgesteckten Operationsziele zu erreichen. Ihre nächste Aufgabe ist:

a) Den Aufbau einer planmäßigen feindlichen Verteidigungsfront hinter dem Dnjepr zu verhindern.

Dazu müssen möglichst starke Teile des Feindes, die sich noch westlich des Dnjepr befinden, vernichtet und so frühzeitig als möglich Brückenköpfe über den Dnjepr erkämpft werden.

b) Die Besitznahme der Halbinsel Krim, die als Luftbasis des Gegners für das rumänische ölgebiet besonders gefährlich ist.

c)   Besitznahme des Donezgebietes und des Industriegebietes von Charkow.

Für den Kampf um die Halbinsel Krim können Gebirgstruppen notwendig sein. Ihr späterer Ansatz über die Straße von Kertsch in Richtung auf Batum ist zu prüfen.

Der Angriff gegen die Stadt Kijew selbst ist einzustellen. Ihre Vernichtung durch Brandbomben und Artillerie-Feuer ist vorzusehen, sobald es die Nachschublage gestattet.

Für die Luftwaffe erwachsen daraus eine große Anzahl von Aufgaben, die nicht alle gleichzeitig, sondern jeweils, unter möglichst starker Zusammenfassung der Kräfte, nacheinander gelöst werden müssen. Solche Schwerpunkte müssen durch den zusätzlichen Einsatz der Sturzkampfgruppen in erster Linie bei den Kämpfen zwischen Kanew und Boguslaw und dann zur Gewinnung eines Brückenkopfes über den Dnjepr gebildet werden.

2.) Mitte der Ostfront;

Ihre vordringlichste Aufgabe ist es, die weit nach Westen vorspringenden feindlichen Flankenstellungen, mit denen der Gegner starke infanteristische Kräfte auf beiden Flügeln der Heeresgruppe Mitte bindet, zu beseitigen. In der Südflanke kommt dabei dem Zusammenwirken zwischen den inneren Flügeln der Heeresgruppe Süd und Mitte nach Zeit und Richtung besondere Bedeutung zu. Durch Abschneiden der Zufuhrstraßen auf Owrutsch und Mosyr muß die russische 5. Armee nach Unterbindung jeder weiteren Operationsmöglichkeit endgültig ausgelöscht werden.

In der Nordflanke muß durch den Ansatz schneller Verbände der Feind westlich Toropez sobald als möglich geschlagen werden. Der linke Flügel der Heeresgruppe Mitte ist dann soweit nach Norden zu führen, daß die Heeresgruppe Nord von der Sorge um ihre rechte Flanke befreit und in die Lage versetzt wird, weitere Infanterie-Divisionen ihrer Angriffsfront in Rich­tung Leningrad zuzuführen.

Unabhängig davon muß schon vorher versucht werden, der H.Gr. Nord die eine oder andere Division als Reserve zuzuführen (102. Div.).

Erst nach völligem Beseitigen dieser Flankenbedrohungen und nach Auffrischung der Panzergruppen wird die Voraussetzung geschaffen sein, in breiter Front und unter Staffelung in beiden Flanken den Angriff gegen die starken feindlichen Kräfte, die zum Schutze Moskaus versammelt sind, fortzuführen. Sein Ziel muß dann sein, das gesamte Staats-, Rüstungs- und Verkehrszentrum um Moskau dem Gegner noch vor Eintritt des Winters zu entziehen und ihn damit an der Erneuerung seiner geschlagenen Wehrmacht und der geordneten Führung des Staatsapparates zu verhindern.

Vor Beginn dieses Angriffs in Richtung Moskau müssen die Operationen gegen Leningrad abgeschlossen sein und die von der Luftflotte 2 zur Luftflotte 1 abgegebenen Fliegereinheiten wieder zur Verfügung der Luftflotte 2 stehen.

3.) Nordostfront:

Der in Gang befindliche Angriff soll zur Abschließung Leningrads und zur Vereinigung mit den finnischen Kräften führen.

Für die Mitwirkung der Luftwaffe gilt, daß sie - soweit es die Lage der eigenen Flugplätze zuläßt, möglichst immer an einer Stelle zur stärksten zusammengefaßten Wirkung gebracht wird.

Sobald es die Lage erlaubt, müssen die feindlichen Luft- und Flottenstützpunkte auf Dago und Ösel durch ein gemeinsames Unternehmen von Teilen des Heeres, der Kriegsmarine und der Luftwaffe beseitigt werden.

Vordringlich ist dabei die Zerstörung der feindlichen Flugplätze, von denen offenbar die Angriffe gegen Berlin geflogen werden.

Mit der einheitlichen Vorbereitung des Unternehmens wird das Heer beauftragt.

Der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht

(gez.) Keitel

 

Verteiler:

Ob. d. H. (Op. Abt.)               1. Ausf.

Ob. d. M. (Ski.)                      2. Ausf.

Ob. d.L. (LwFüSt.)                 3. Ausf.

OKW:

WFSt.                           4. Ausf.

Abt. L                5.-10. Ausf.

WNV                     11. Ausf.

Ausl./Abw.                  12. Ausf.

Abt. Ausl.               13. Ausf.

Wehrm. Trsp. Chef      14. Ausf.